Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 134
Nach § 39 Abs. 1 MessEG kann bei begründetem Interesse eine sog. Befundprüfung bei einer zuständigen Eichbehörde beantragt werden. Hierbei soll die Erfüllung der Anforderungen an das Messgerät nach § 6 Abs. 2 geprüft werden, wobei statt den Fehlergrenzen die Verkehrsfehlergrenzen anzuwenden sind (vgl. Rdn 152 ff.).
Rz. 135
In verschiedenen Dokumenten verweist die PTB (exemplarisch) zur Prüfung einer konkreten Einzelmessung darauf, dass die Befundprüfung der korrekte Weg sei. Auch die Lobbyorganisation der Messgerätehersteller hat sich dieser Meinung angeschlossen
Dies ist aber technisch falsch, da bei der Befundprüfung niemals die konkreten Umstände der Messsituation (Position und Reflexionseigenschaften sämtlicher bewegten und unbewegten Objekte im Erfassungsbereich, Einflüsse durch Temperatur, Fremdlicht…) bekannt sind und noch viel weniger nachträglich in einer Testumgebung simuliert werden können.
Rz. 136
Auch der von der PTB selbst benannte Zeuge, Dr. Alexander Ratschko, hat bei einem Verfahren vor dem saarländischen Verfassungsgerichtshof nicht behauptet, dass eine Befundprüfung hier geeignet wäre, sondern hat sich ausweislich des Urteils gemeinsam mit den Sachverständigen Dr. Ing. Johannes Priester und Prof. Dr. Andreas Schütze wie folgt eingelassen:
Zitat
Die Sachverständigen haben insoweit übereinstimmend bekundet, dass die Verlässlichkeit der im Streit stehenden Messung im Rahmen einer Befundprüfung nur dann zu beweisen wäre, wenn die Verkehrssituation und die Umweltbedingungen der Messung identisch nachgestellt werden könnten. Das sei indessen auszuschließen.
Rz. 137
Ein praktisches Beispiel dafür, dass der Verweis auf die Befundprüfung technisch völlig abwegig ist, findet sich bei LEIVTEC XV3 (s. Rdn 832). Dort benötigte die PTB nach eigenem Bekunden "lange Versuchsreihen", um Fehler in Einzelfällen nachstellen zu können; und dies trotz sehr exakter Beschreibungen zu den Versuchen in den Dokumentationen der Kollegen.
Bei Messungen im Straßenverkehr geht es eben nicht um das simple Nachstellen der Verwendungssituation wie z.B. bei einer Wasseruhr. Vielmehr geht es, wie beschrieben, um komplexe Messsituationen, für deren Nachstellen eine detaillierte Dokumentation der konkreten Einzelmessung sowie eine exakte Reproduktion sämtlicher Umstände notwendig wäre.
Rz. 138
Wie ein Nachstellen dann auf der Basis der rudimentären Informationen bei Messungen im Straßenverkehr erfolgen soll, ist nicht ansatzweise erkennbar. Noch dazu sprengt das Nachstellen von Geschwindigkeitsmessungen mit notwendigerweise mehreren geeichten Messgeräten in einer der realen Messsituation auch nur angenäherten Situation (mehrere Fahrspuren, ähnliche Umgebungsbedingungen bei Licht, Temperatur, gleiche feste Aufbauten im Erfassungsbereich des Lidars und gefahrene Geschwindigkeiten häufig bei mehr als 100 km/h mit der Folge entsprechenden Platzbedarfs sowohl für Beschleunigung/Bremsen als auch Sicherheitsabstände) jeglichen denkbaren Rahmen.