Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 895
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Messgerät Traffistar S350 keinerlei nachträgliche Prüfung der Korrektheit der Messung ermöglicht. Es werden in allen aktuellen Softwareversionen keinerlei Informationen zum Zeitablauf der Fahrzeugdurchfahrt gespeichert.
Es sind zwar Koordinaten für Messbeginn und Messende innerhalb der Falldatei vorhanden, zu diesen fehlt aber die Angabe der Zeitdifferenz.
Insofern ergibt sich keinerlei Prüfmöglichkeit der Geschwindigkeit.
Rz. 896
Seitens des Herstellers wird zu Recht eingewandt, dass eine Prüfung anhand von lediglich 2 Messpunkten keine zufriedenstellende Aussage zum Messwert liefern könnte. Dem ist aus technischer Sicht zuzustimmen. Konsequenterweise ist somit aus technischer Sicht und um die Forderungen an ein ordnungsgemäßes Sachverständigengutachten, wie vom Bundesverfassungsgericht aufgestellt zu erfüllen, die Speicherung der Rohmessdaten unabdingbar. Denn nur wenn diese Daten zur Verfügung stehen, kann der Sachverständige die tatsächlichen Umstände offenlegen, die zu seiner Bewertung (Messwert in Ordnung oder nicht) geführt haben. Eine Aussage in der Form, dass der Prüfung der PTB (Zulassung oder Baumusterprüfung) vertraut wird und diese genügen würde, um sicher zu sein, ist, zumindest aus Sicht des Autors, keine sachverständige Leistung.
Rz. 897
Als weiteres Problem stellt sich beim Messgerät Traffistar S350 die technische Prüfung im Rahmen der Eichung dar. Wenn, wie in einem, dem Autor vorliegenden Fall, ein Messgerät zunächst vom Betreiber als defekt an Jenoptik geschickt wird, dieses Gerät dann (unrepariert) erfolgreich geeicht wird und vor Versendung an den Betreiber repariert und dann erneut geeicht wird, stellt sich die Frage, ob die automatisierte Eichprüfung mit unbekanntem Inhalt überhaupt geeignet, ist alle Fehler zu finden.
Rz. 898
Interessant und kreativ, aber leider nicht zielführend, mutet in diesem Zusammenhang die wiederholt vorgetragene Anregung der PTB an, bei bestehenden Zweifeln an der korrekten Funktion doch auf die Befundprüfung zurückzugreifen. Neben der Frage, wie die konkrete Verwendungssituation überhaupt rekonstruiert werden soll, wenn nicht einmal die Bewegungsabläufe der Objekte im Erfassungsbereich bekannt sind, wäre auch zu erklären, wie diese Informationen anschließend dem Messgerät präsentiert werden sollen.
Dies alles vor dem Hintergrund, dass nicht einmal alle seitens des Betreibers bereits erkannten Fehler dazu führen, dass die Eichung erfolglos abgebrochen wird. Vielmehr wird ein als defekt erkanntes Gerät trotzdem geeicht.
Rz. 899
Ebenfalls in Frage steht die Zulässigkeit der Messfeldlänge. Die PTB-Anforderungen 18.11 und 12.01 fordern übereinstimmend, jeweils in Kapitel 8.4, dass die Messfeldlänge mindestens 10 m betragen muss. Beim Traffistar S350 beträgt die tatsächliche Messfeldlänge, in allen bisher bei der VUT ausgewerteten Messungen, nie mehr als 10 m und fast immer weniger als 10 m.
Dies ist also keine Eigenheit eines speziellen Messgerätes oder Ausdruck eines Defektes, sondern als grundlegende Eigenschaft des Messgerätes anzusehen.
Der Hersteller hat hierzu schriftlich erklärt, dass 8 m auch ausreichen würden. Die Information, wer und in welcher Form dies genehmigt hat und auch auf welcher rechtlichen Grundlage eine Abweichung zwischen PTB-Anforderung und realem Verhalten genehmigt wurde, erfolgte bisher nicht.
Rz. 900
Bei einigen Messgeräten ist auch aufgefallen, dass Seriennummern und sogar die Nennung der relevanten Zulassung/Baumusterprüfbescheinigung verändert wurden, ohne dass das neue Gerät auch offiziell neu in Verkehr gebracht wurde:
1. |
Es wurden Mini-Racks entfernt oder angebaut, was jeweils zur Veränderung der Seriennummer des Gesamtgerätes führte, ohne dass nachgeprüft werden konnte, durch wen die neuen Typenschilder wann und auf Basis welcher rechtlichen Grundlagen aufgebracht und gesiegelt wurden. |
2. |
Es wurde bei Altgeräten eine neue Software installiert, die nach der ursprünglichen Bauartzulassung nicht zulässig war. Im Zuge dessen wurde ein neues Typenschild aufgebracht, ohne dass sich nachvollziehen ließ, warum dies ohne neue Konformitätserklärung des Herstellers möglich war. |
Dieses Vorgehen ist jeweils juristisch zu bewerten. Es ist aber festzustellen, dass das willkürliche Ändern von Seriennummern und sogar der Zulassungsgrundlagen bei existierenden Messgeräten definitiv der Nachvollziehbarkeit der Messungen und Ihrer technischen Grundlagen nicht zuträglich ist.