Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 363
Gemäß Bauartzulassung erfolgt die Ermittlung von Geschwindigkeiten einzelner Fahrzeuge, Geschwindigkeitsdifferenzen und Abständen zwischen Fahrzeugen durch die Auswertung einer erstellten Videoaufzeichnung. Hierzu wird und bleibt der Hauptbestandteil des Messsystems (Stromversorgung, Kodierer, Dekodierer, Monitore etc.) in einem Fahrzeug verbaut. Lediglich die Kameras zur Aufzeichnung des Beobachtungs- und Messbereiches (Tatkamera) und zur Fahrzeugidentifikation (Ident-Kamera(s)) werden während des Messbetriebs außerhalb des Fahrzeugs aufgestellt.
Rz. 364
Als Standort für die Tatkamera schreibt die Gebrauchsanweisung eine feste (im Sinne von "unbewegliche") Aufstellmöglichkeit vor, die mindestens drei Meter über Fahrbahnniveau liegen muss. In der Regel handelt es sich hierbei um Brückenbauwerke, die den bemessenen Streckenabschnitt überspannen.
Abbildung 1: Beispielhafte Messkonstellation mit einer Tatkamera (Mitte), einer Ident-Kamera (vorne) und dem Messfahrzeug im Hintergrund; eigene Darstellung
Rz. 365
Innerhalb des von der Tatkamera dokumentierten Bereichs sind Markierungen auf der Fahrbahnoberfläche aufzubringen, die eine perspektivische Transformation der im Videobild digitalisierten Fahrzeugpositionen ermöglichen.
Dazu werden vor der erstmaligen Inbetriebnahme einer Messstelle vier sogenannte Passpunkte markiert. Die Nummerierung erfolgt im Uhrzeigersinn, beginnend unten links.
In Blickrichtung der Kamera spannen die Passpunkte dann bei einer "2D"-Messstelle eine zweidimensionale (im Sinne von "ideale") Ebene und bei einer "3D"-Messstelle eine dreidimensionale (im Sinne von "wellige" oder "kurvige") Ebene auf, in deren Mittelteil zwei weitere Punkte, die sogenannten Kontrollpunkte, markiert werden.
Abbildung 2: Aufnahme einer eingerichteten "2D"-Messstelle unter Verdeutlichung der Lage der vier Passpunkte (P) und der zwei Kontrollpunkte (K); eigene Darstellung
Rz. 366
Aufgrund der höheren Anforderung an die Vermessung von 3D-Messstellen wird in der Gebrauchsanweisung ab Stand 31.5.2012 auf Blatt 12 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine 2D-Messstelle "in Eigenregie vom Anwender selbst angelegt werden" darf, aber "alle 3D-Messstellen vom Zulassungsinhaber oder einer vom Zulassungsinhaber autorisieren Fachfirma eingerichtet werden" müssen.
Abbildung 3: Beispielhafte Darstellung/Überlagerung einer zweidimensionalen Ebene (hell) und einer dreidimensionalen Ebene (dunkel); eigene Darstellung
Rz. 367
Die Vermessung der Länge der Strecken zwischen diesen Markierungen muss mit einem geeichten Messgerät oder elektrooptischen Tachymeter erfolgen und folgende Bedingungen erfüllen:
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die Länge der Strecke zwischen Passpunkt 1 und Passpunkt 2 bzw. zwischen Passpunkt 3 und Passpunkt 4 muss mindestens 80 m und darf max. 250 m betragen |
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die Länge der Strecke zwischen Passpunkt 1 und Passpunkt 4 bzw. zwischen Passpunkt 2 und Passpunkt 3 muss mindestens 2 m und darf max. 50 m betragen |
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die Länge der Strecke zwischen Passpunkt 1 und Kontrollpunkt 1 muss mindestens 40 m und darf max. die Hälfte der Streckenlänge zwischen Passpunkt 1 und 2 betragen |
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die Länge der Strecke zwischen Passpunkt 4 und Kontrollpunkt 2 muss mindestens 40 m und darf max. die Hälfte der Streckenlänge zwischen Passpunkt 3 und 4 betragen |
Rz. 368
Sind die behördlichen Markierungen auf der Fahrbahn aufgebracht, erfolgt vor erstmaliger Inbetriebnahme der Messstelle die Aufzeichnung eines Referenzvideos.
Hierzu werden, ausgehend von den Passpunkten P1/P4, in Abständen von 20 m ("2D"-Messstelle) bzw. 5 m ("3D"-Messstelle) Leitkegel auf der Fahrbahn positioniert. Anschließend werden die Vorderkanten der Leitkegel im Auswerteprogramm mit der Messlinie anvisiert und die durch das System ermittelten Entfernungen mit den Sollwerten verglichen. Die Messstelle gilt als geeignet, wenn hierbei keine Abweichung um mehr als 2 % festzustellen ist.
Die bei der Aufzeichnung des Referenzvideos gewählte Aufstellhöhe der Tatkamera (von mindestens 3 m über der zu überwachenden Fahrbahn) ist zu dokumentieren und darf bei späteren Messungen nicht unterschritten werden.
Bei 3D-Messstellen ist zudem der exakte Standort der Kamera in Bezug zur sogenannten Kameralinie auszumessen und in die Software zu übertragen.
Rz. 369
Im Folgenden findet sich eine schematische Darstellung von Messbetrieb und Auswertung, bei der die jeweiligen Kritiken und Fehlerbetrachtungen zunächst ausgespart sind; diese werden ab Rdn 392 ff. hergeleitet und anhand von bebilderten Fallbeispielen erläutert.
Rz. 370
Zur Aufzeichnung des Tatvideos wird das Signal der Tatkamera, die den Messbereich sowie die Fahrzeugbewegungen im (unmittelbaren) Vorfeld dokumentiert, zum Messwagen übertragen.
Rz. 371
Bei den meisten Aufnahmesystemen wird hierbei durch Zwischenschalten eines eichpflichtigen "SyncMonitor“ (vgl. Rdn 407) die Bildwiederholfrequenz des Videosignals der Tatkamera sowie die Betriebsspannung und Umgebungstemperatur von Quarz und SyncMonitor überprüft."
Bei Verwendung des SyncMonitors kann demnach ei...