Rz. 1263

 

Das Wichtigste in Kürze:

1. Unter Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren ist jede Form der Geschwindigkeitsmessung an einem Fahrzeug, welches einem Behördenfahrzeug voraus oder hinterher fährt oder dieses überholt, zu verstehen, wobei die Geschwindigkeitsmessung grds. am Behördenfahrzeug erfolgt und die Geschwindigkeit durch Abstandsbetrachtung auf das zu messende Fahrzeug übertragen wird.
2. Bei Messfahrzeugen ohne Mess-/Dokumentationseinheit ist die ermittelte Geschwindigkeit zunächst um den Feststellungsfehler (Ablesefehler) zu korrigieren.
3. Anschließend ist der technische Fehler am Messfahrzeug zu berücksichtigen.
4. Schließlich ist für jede Messung individuell der Abstandsfehler zwischen Messfahrzeug und gemessenem Fahrzeug zu korrigieren.
 

Rz. 1264

Die folgenden Ausführungen behandeln die Messmethoden, die mobil ausgeführt werden und die ein Messen durch Nachfahren darstellen. Die ersten Verfahren wurden entwickelt, als man Geschwindigkeitsverstöße beim bloßen "Hinterherfahren" feststellte. Im Zuge der Zeit hat man dann versucht, die Toleranzen, die durch die Rechtsprechung zum Ausgleich möglicher Messfehler gefordert wurden, durch technische Neuerungen zu minimieren.

So unterscheiden sich heute die Messverfahren durch Nachfahren lediglich in der verwendeten Technik im Messfahrzeug, durch die die einzelnen Fehlerquellen eingeschränkt und dadurch die Toleranzen vermindert wurden.

 

Rz. 1265

Demzufolge ist auch immer die Fehlerproblematik gleich zu sehen. Es ist folglich nicht von Relevanz, ob die Geschwindigkeit

durch Nachfahren mit einem ungeeichten Tachografen,
durch Nachfahren mit einem justierten Tachografen,
durch Nachfahren mit einem geeichten Tachografen,
in Form von Nachfahren und Messen mit einem Police-Pilot-System,
durch Nachfahren und Messen mit einem ProViDa-Messsystem,
durch Nachfahren und Messen mit einem Messsystem VASCAR 2000 oder
durch Nachfahren und Messen mit einem Messsystem ViDistA

bestimmt wird.

 

Hinweis

Dabei ist ausdrücklich festzuhalten, dass ein standardisiertes Messverfahren nicht in dem Sinn vorliegt, dass die Technik selbstständig in jedem Fall korrekte Messwerte liefert. Der korrekten Bedienung des Messgerätes bei Start und Stopp der einzelnen Messungen kommt eine besondere Bedeutung zu.

 

Rz. 1266

Hierunter fallen andere Messgeräte, etwa Radargeräte im Moving-Betrieb, d.h. die Radarmessung erfolgt, während sich das Messfahrzeug in Bewegung befindet.

In allen o.g. Messverfahren werden vom Messpersonal Feststellungen getroffen oder veranlasst, die selbst beeinflusst und gewürdigt und dann zum Messergebnis verarbeitet werden. Eine Überprüfung des Messwertes in jedem konkreten Einzelfall ist daher angebracht.

[Autor] H.-P. Grün/S. Eichler/D. Schäfer

I. Messen durch Nachfahren mit nicht geeichtem Tachografen

1. Allgemeines

 

Rz. 1267

In aller Regel stammt beim Messen durch Nachfahren die ermittelte Geschwindigkeit vom Messfahrzeug selbst. Sie wird beim Messvorgang vom Tachografen abgelesen und durch Abstandsbetrachtungen auf das gemessene Fahrzeug übertragen.

 

Hinweis

Bei der beschriebenen Messung fallen grds. drei Messfehler auf:

1. der angezeigte Messwert selbst ist in einer gewissen Größenordnung falsch (technischer Messfehler, s. Rdn 1268 ff.),
2. der angezeigte Messwert wird falsch abgelesen (Ablesefehler, s. Rdn 1277 ff.),
3. der ermittelte Messwert wird fehlerhaft auf das gemessene Fahrzeug übertragen (Beobachtungsfehler, s. Rdn 1280 ff.).

2. Technischer Messfehler

 

Rz. 1268

Unter einem technischen Messfehler ist der Fehler zu verstehen, der im Messgerät selbst entsteht.

 

Rz. 1269

§ 57 Abs. 2 StVZO nimmt für die Genauigkeit von "Geschwindigkeitsmessgeräten" in Kfz Bezug auf die Richtlinie 75/443/EWG. Hier waren früher Abweichung bis zu 7 % des Skalenendwertes in den beiden letzten Dritteln der Tachometeranzeige aufgegeben.

 

Rz. 1270

Für ab dem 1.1.1991 in Verkehr gekommene Fahrzeuge bestimmt sich nach der durch Richtlinie 97/39/EG geänderten Richtlinie 75/443/EWG die zulässige Abweichung geschwindigkeitsabhängig.

 

Hinweis

Wegen des Änderungsdatums darf unterstellt werden, dass diese Berechnungsmethode zwischenzeitlich für alle benutzten Messfahrzeuge anzuwenden ist.

 

Rz. 1271

Gem. Nr. 4.4. der Richtlinie darf die angezeigte Geschwindigkeit nicht geringer sein als die tatsächlich gefahrene. Die angezeigte Geschwindigkeit darf die tatsächliche Geschwindigkeit nach folgender Formel allerdings um 10 % zzgl. 4 km/h überschreiten:

 
0 ≤ V1 – V2 ≤ V2/10 + 4 km/h

V1 stellt dabei die angezeigte Geschwindigkeit dar, V2 die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit.

Danach darf bei gefahrenen 50 km/h die angezeigte Geschwindigkeit 59 km/h betragen. Bei einer Geschwindigkeit von 150 km/h darf die Anzeige um 19 km/h vorgehen.

Diese Größenordnung ist bei einem ungeeichten Tachografen als technischer Fehler immer zu unterstellen.

 

Rz. 1272

Bei einem justierten Tachografen bestehen keine Bestimmungen über die Höhe zu berücksichtigender Toleranzen. Ein Eichschein, welcher die Größenordnung bestimmt, existiert nicht. Dass die Toleranz hier jedoch nicht geringer sein kann als bei einem geeichte...

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