Julian Backes, Sven Eichler
1. Allgemeines
Rz. 880
Das laserbasierte Messverfahren "Traffistar S 350" wird für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs eingesetzt und misst Geschwindigkeiten von in Bewegung befindlichen Fahrzeugen. Das System kann dabei mehrere Fahrzeuge auf mehreren Fahrstreifen zeitgleich überwachen. Es können unterschiedliche Geschwindigkeitsgrenzwerte für Pkw und Lkw vorgegeben werden. Messungen des abfließenden oder ankommenden Verkehrs werden vom Messgerät selbstständig unterschieden.
Auch hier ist auf das Urteil des saarländischen Verfassungsgerichtshofes (5.7.2019 – 7/17) zu verweisen, in dem das Speichern von Rohmessdaten explizit gefordert wird. Dieses Urteil wurde allerdings von diversen OLG kritisiert und nicht anerkannt. Eine abschließende verfassungsgerichtliche Bewertung steht noch aus ist aber vom Bundesverfassungsgericht für 2022 angekündigt (2 BvR 1167/20).
Rohmessdaten sind hier die vom Messgerät während der Fahrzeugdurchfahrt gemessenen Laufzeiten des Laserstrahls.
Rz. 881
Bezüglich einer möglichen Einstufung als standardisiertes Messverfahren ist folgendes zu beachten:
Der Beschluss des BGH zum standardisierten Messverfahren beschreibt die Voraussetzungen für die Einstufung unter anderem mit der Beachtung der Zulassungsbedingungen der PTB. Ob dieses amtliche Zulassungsdokument nun durch eine Baumusterprüfung einer Konformitätsbewertungsstelle ersetzt werden kann, unterliegt der juristischen Bewertung.
Dieses Problem stellt sich bei der überwiegenden Anzahl der real in Betrieb befindlichen S350 Messgeräte. Es werden nur noch wenige Messgeräte entsprechend der ursprünglichen Zulassung betrieben. Die überwiegende Anzahl wurde entsprechend der Baumusterprüfbescheinigung in Verkehr gebracht.
Die festgestellten Verstöße werden in der Reihenfolge der Feststellung mit Bild und eingeschlossenen Falldaten auf einem geräteinternen Speichermedium abgelegt.
Rz. 882
Das Messgerät kann auf einem frei stehenden Stativ oder aus einem (stehenden) Messfahrzeug heraus betrieben werden (mobil-stationärer Betrieb), in einer sogenannten Semistation oder in der Variante als stationäre Messeinrichtung, eingebaut in ein ortsfestes Gehäuse (TraffiTower 2.0).
Abbildung 22: Aufbauarten Messgerät (entnommen aus der Baumusterprüfbescheinigung DE-15-M-PTB-0030)
2. Messprinzip
Rz. 883
Die digitale Geschwindigkeitsmessung erfolgt auf Basis einer Laserpuls-Laufzeitmessung (LIDAR = Light Detection And Ranging). Der Messkopf zur Erfassung der Fahrzeuge basiert auf einem horizontal scannenden LIDAR, welcher bei der Messung eine Vielzahl kurzer Lichtimpulse aussendet. Durch den Messstrahl wird ein Fahrbahnbereich über eine Distanz bis maximal 70 m und einen horizontalen Scanwinkel von 50° abgetastet, was letztlich die Erfassung von Fahrzeugen über mehrere Fahrstreifen ermöglicht (vgl. Abb. 23).
Ein minimaler Abstand ist nicht bekannt.
Abbildung 23: schematische Darstellung des Mess-/Erfassungsbereichs des Messgerätes (entnommen aus der Gebrauchsanweisung v. 6.2.2014, Jenoptik)
Rz. 884
Die über einen rotierenden Spiegel unter definiertem Winkel ausgesendeten Lichtimpulse gelangen nach der Reflexion an einem Objekt über den rotierenden Spiegel zum Messkopf zurück und werden dort detektiert und ausgewertet. Aus der gemessenen Laufzeit vom Sender zum reflektierenden Objektpunkt und von diesem zurück lässt sich die Entfernung zwischen dem reflektierenden Objekt und dem Messkopf bestimmen. Aufgrund der hohen Wiederholrate dieses Vorgangs stehen große Mengen an Rohdaten zur Verfügung, welche dann im Messrechner weiterverarbeitet werden. Hierbei werden die einzelnen Objektpunkte zu Objekten zusammengefasst. Im Weiteren wird die Bewegung der erkannten Objekte im Erfassungsbereich verfolgt, wobei sich im Ergebnis als Geschwindigkeitsmesswert eine mittlere Geschwindigkeit für das verfolgte Objekt im Erfassungsbereich ergibt. Die Zuordnung dieser Objekte zu konkreten Fahrzeugen geschieht durch den Auswerter mittels der Auswerteschablone.
Rz. 885
Wenn die errechnete mittlere Geschwindigkeit den eingestellten Bildauslösegrenzwert überschritten hat, wird durch die SmartCamera eine Fotodokumentation erstellt. Dies geschieht an einem festen Fotopunkt (s. 1 in Abb. 23)
Rz. 886
Ausweislich der aktuellen Baumusterprüfbescheinigung können Fehlzuordnungen ausgeschlossen werden und daher müsse die Fotodokumentation nicht das Fahrzeug während der Messung zeigen. Ob dies so ist könnte letzten Endes nur die Offenlegung der Rohmessdaten zeigen. Dies geschieht aber gerade nicht
Insofern sind die Empfehlungen des Arbeitskreises IV des 51. und des 54. Verkehrsgerichtsgerichtstages in Goslar nachdrücklich zu unterstützen, wonach den Herstellern aufzuerlegen sei, die Rohmessdaten des Messgerätes zu speichern und offen zu legen.
Rz. 887
Die Zuordnungssicherheit der errechneten Durchschnittsgeschwindigkeit zu einem bestimmten Fahrzeug soll durch eine Auswertehilfe in der Fotodokumentation jedes Beweismitteldatensatzes gewährleistet werden. Hierbei han...