Rz. 1
Sofern der Gläubiger nicht aus dem abgeschlossenen Prozessverfahren zur Erlangung des Vollstreckungstitels oder aus sonstigen Informationen Kenntnis von pfändbaren und verwertbaren Vermögenswerten des Schuldners hat, ist der Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher nahezu immer der Einstieg in die zwangsweise Beitreibung der titulierten Forderung. Leider führt die Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher in der Praxis nicht immer zu dem gewünschten Ergebnis für den Gläubiger.
Rz. 2
Um die Zwangsvollstreckung effektiver zu gestalten, war eine der wichtigsten Reformen der letzten Jahre das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.7.2009 (BGBl I 2009, 2258), welches überwiegend am 1.1.2013 in Kraft getreten ist. Die Regelungen zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen waren nach Erkenntnissen des Gesetzgebers in Bezug auf Vollstreckungsziel, Verfahren, verfügbare Hilfsmittel sowie vorgesehene Sanktionen nicht mehr zeitgemäß. Unzulänglich waren insbesondere die Möglichkeiten der Informationsgewinnung für den Gläubiger, diese setzten erst nach einem erfolglosen Fahrnispfändungsversuch und damit zu spät ein. Zudem waren sie auf Eigenangaben des Schuldners beschränkt. Neu geschaffen wurden durch das Reformgesetz insbesondere die §§ 802a–802l ZPO mit der Verpflichtung zur Abgabe einer Vermögensauskunft des Schuldners vor Beginn der eigentlichen Vollstreckung. Seitdem steht die Informationsgewinnung am Anfang und nicht mehr am Ende der Vollstreckung.
Rz. 3
Mit der Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung 2013 und mit dem Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG) vom 21.11.2016 (BGBl I, 2591) wurden auch völlig neue Bestandteile eingeführt, z.B. die mögliche Einholung von Drittauskünften und Adressermittlung des Schuldners.
Rz. 4
Das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG) vom 22.11.2020 (BGBl 2020 Nr. 54) brachte u.a. eine erste Änderung zu § 811 Abs. 1 Nr. 10 und 10a ZPO. Nur kurze Zeit danach folgte das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 7.5.2021 (BGBl 2021 Nr. 20). Hier wurde u.a. § 811 ZPO erneut vollständig überarbeitet und u.a. § 757a ZPO (Auskunfts- und Unterstützungsersuchen) neu eingefügt.
Rz. 5
Neue/alte Verfahrensbestandteile nach den Reformen sind:
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Herbeiführung einer gütlichen Erledigung, |
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Einholung Vermögensauskunft (frühere EV), |
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Weitere Vermögensauskunft, |
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Einholung Drittauskünfte, |
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Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen, |
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Vorpfändung § 845 ZPO, |
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stets auf Antrag möglich: Ermittlung Anschrift/Sitz aus
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Einwohnermelderegister, |
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Gewerbemelderegister, |
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Ausländer-Zentralregister, |
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gesetzlicher Rentenversicherung, |
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Kfz-Bundesamt, |
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Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), |
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Einsicht in diverse handels- und vereinsrechtliche Register. |
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