Rz. 34
In seiner Eigenschaft als Vollstreckungsorgan handelt der Gerichtsvollzieher selbstständig, er übt hoheitliche Gewalt aus und ist insoweit grundsätzlich weisungsfrei. Er unterliegt zwar der Aufsicht des Gerichts, nicht aber deren unmittelbarer Leitung (§ 1 GVO). Außerhalb seiner Tätigkeit als Vollstreckungsorgan untersteht er als Beamter der Dienstaufsicht der Justizverwaltung. Innerhalb seiner Zwangsvollstreckungstätigkeit können die einzelnen Vollstreckungshandlungen durch das Vollstreckungsgericht überprüft werden (§§ 764, 766 ZPO).
Rz. 35
Das Vollstreckungsverfahren steht jedoch unter der Parteiherrschaft des Gläubigers. Der Gläubiger kann daher durchaus Weisungen erteilen, um die Effektivität der Zwangsvollstreckung nachhaltig zu beeinflussen. Diese Weisungen hat der Gerichtsvollzieher grundsätzlich zu beachten, soweit sie nicht dem Gesetz oder der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA) widersprechen, § 31 Abs. 2 GVGA.
Rz. 36
Der Gerichtsvollzieher entscheidet z.B. nach pflichtgemäßem Ermessen, in welcher Reihenfolge die vorliegenden Gläubigeraufträge nach ihrer Dringlichkeit zu erledigen sind, § 5 GVGA. Hierbei hat er darauf zu achten, ob es sich bei dem Auftrag um eine Eilsache handelt oder nicht. Sofern sich die Eilbedürftigkeit nicht aus der Art der vorzunehmenden Vollstreckungshandlung ergibt, z.B. für die Vollziehung von Arresten oder einstweiligen Verfügungen oder auch für die Benachrichtigung des Drittschuldners nach § 845 ZPO, muss der Gläubiger für sein Verlangen auf eilige Ausführung im Antrag den maßgebenden Grund für die besondere Beschleunigung erkennen lassen (§ 5 Abs. 1 S. 6 GVGA).
Rz. 37
Der Gerichtsvollzieher hat die Zwangsvollstreckung grds. schnell und nachdrücklich durchzuführen (§ 802a ZPO – "zügige Erledigung"). Zwar sind hierfür keine Fristen vorgegeben, es kann jedoch im Einzelfall angebracht sein, den Pfändungsauftrag umgehend auszuführen, um den Rang des Pfändungsrechts zu sichern, § 5 Abs. 2 S. 2 GVGA. Kann die erste Vollstreckungshandlung nicht innerhalb eines Monats erfolgen, muss der Grund der Verzögerung aktenkundig gemacht werden, § 5 Abs. 1 S. 2 GVGA, und sollte dem Gläubiger mitgeteilt werden.
Rz. 38
Bei bekannter Arbeitsüberlastung ist aber auch nach zwei Jahren eine Nichterledigung des Antrages nicht mit der Erinnerung anfechtbar, die unerledigten Anträge werden auch dann der Reihenfolge nach erledigt.
Rz. 39
Der Gläubiger kann im Rahmen seiner Parteiherrschaft sicherlich den Beginn, die Art und das Ausmaß der Zwangsvollstreckung bestimmen, die zu pfändenden Gegenstände jedoch bestimmt der Gerichtsvollzieher selbstständig. Nach § 58 GVGA wahrt der Gerichtsvollzieher neben dem Interesse des Gläubigers auch das des Schuldners, soweit dies ohne Gefährdung des Erfolgs der Zwangsvollstreckung geschehen kann. Er ist darauf bedacht, dass nur die unbedingt notwendigen Kosten und Aufwendungen entstehen. Auf etwaige Wünsche des Gläubigers oder des Schuldners hinsichtlich der Ausführung der Zwangsvollstreckung nimmt der Gerichtsvollzieher Rücksicht, soweit dies ohne überflüssige Kosten und Schwierigkeiten und ohne Beeinträchtigung des Zwecks der Vollstreckung geschehen kann.
Rz. 40
Der Gläubiger kann z.B. nachfolgende Anweisungen erteilen:
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Antrag auf Ruhen des Verfahrens und Abwarten weiterer Weisungen. Gewährt der Gläubiger oder der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Frist von unbestimmter Dauer oder von mehr als zwölf Monaten oder mehrere aufeinander folgende Fristen von zusammen mehr als zwölf Monaten, so bleiben die getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen zwar bestehen, für die Akten- und Buchführung des Gerichtsvollziehers gilt der Auftrag als büromäßig erledigt (Ruhen des Vollstreckungsauftrags), § 27 Abs. 1 GVO. |
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Wiederholter Antrag auf Vornahme eines Vollstreckungsversuchs, auch wenn damit zu rechnen ist, dass dieser wiederum erfolglos sein wird. |
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Dauerauftrag für eine Kassenpfändung. |
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Das Ausnehmen bestimmter Gegenstände von der Vollstreckung. |
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Ausdrücklicher Auftrag auf Pfändung auch solcher Gegenstände, die offensichtlich zum Vermögen eines Dritten gehören, da nicht sicher ist, ob der Dritte der Vollstreckung überhaupt widerspricht. |
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Mitteilung des Zeitpunkts der Vollstreckung im Hinblick auf die Anwesenheit des Gläubigers während des Vollstreckungsversuches, § 31 Abs. 7 GVGA. |
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Die Art der Zustellung der Ladung zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft bestimmt der Gerichtsvollzieher grundsätzlich nach eigenem Ermessen. Hat aber der Gläubiger die Weisung gegeben, die Terminsladung per Post zuzustellen, kann der Gerichtsvollzieher eine persönliche Zustellung der Ladung nicht damit begründen, dass er immer persönlich zustellt. Dann muss davon ausgegangen werden, dass er sein Ermessen nicht ausgeübt hat, mit der Folge, dass er keine Gebühr für die persönliche Zustellung und kein Wegegeld abrechnen kann. |
Rz. 41
Der Gläubiger kann aber z.B. nicht den Zeitpunkt der Vollstreckungshandlung einer Kassenpfändung bestimmen...