Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 60
Erscheint einer Partei das Kostenrisiko zu hoch, den gesamten Betrag einzuklagen, der sich z.B. aus einem Schadensereignis ergeben könnte, so kann sie eine Teilklage erheben. Das kann angebracht sein, wenn ihr ein vor der Beweiserhebung nur schwer abzuschätzendes Mitverschulden angelastet werden könnte oder wenn einzelne Schadenspositionen, etwa zum entgangenen Gewinn, sehr fraglich sind.
Rz. 61
Fraglich war, ob der Kläger deutlich machen muss, dass seine Klage eine Teilklage sein soll. Denn wenn eine Teilklage erhoben wird, so erfasst die Rechtskraft der Entscheidung nur den Teilanspruch.
BGH NJW 1985, 2825, 2826:
Zitat
In einem solchen Fall, in dem der Kl. aufgrund eines feststehenden überschaubaren Sachverhalts einen bestimmten Anspruch erhebt, ohne dass seine Klage als Teilklage erkennbar ist und ohne sich weitergehende Ansprüche vorzubehalten, stellt sich die Frage, ob sich die Rechtskraft auf den gesamten nach dem Sachverhalt gegebenen Anspruch erstreckt.
Rz. 62
In einer Grundsatzentscheidung hat der BGH aber klargestellt:
Zitat
Auch bei einer verdeckten Teilklage bleibt es bei dem Grundsatz, dass die Rechtskraft des Urteils nur den geltend gemachten Anspruch im beantragten Umfang umfasst und der Kläger nicht erklären muss, er behalte sich darüber hinausgehende Ansprüche vor.
[…]
Grundsätzlich braucht ein Kläger, der einen bezifferten Anspruch geltend macht, nicht zu erklären, er behalte sich die darüber hinausgehenden Ansprüche vor, denn das ergibt sich schon daraus, dass die Rechtskraft nur den im Prozess geltend gemachten Anspruch ergreift, der gem. § 308 ZPO durch den Klageantrag beschränkt wird. Die Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich nicht auf den nicht eingeklagten Rest eines teilbaren Anspruchs oder auf andere Ansprüche aus dem gleichen Sachverhalt, selbst wenn sich das Urteil darüber auslässt […].
(Als eine mögliche Ausnahme sieht der BGH weiterhin den Fall an, dass der Kläger im Vorprozess die Höhe eines Schadensersatzanspruchs in das Ermessen des Gerichts gestellt hatte.)
Bei einer Teilklage ist weiter zu berücksichtigen, dass eine Teilklage die Verjährung nur mit Blick auf den eingeklagten Teil des Anspruchs hemmt.
BGH NJW-RR 2008, 521:
Zitat
Erhebt der Berechtigte ausdrücklich eine Teilklage, so erstreckt sich eine für den geltend gemachten Teilanspruch eingetretene Hemmung der Verjährung nicht auf den Restanspruch.
Rz. 63
Stützt der Kläger seinen Klaganspruch auf mehrere Schadenspositionen, von denen er nur einen Teil geltend macht, erfordert die Zulässigkeit der Klage, dass er entweder angibt, welchen Teil der einzelnen Schadenspositionen er einklagt oder in welcher Reihenfolge die Teilklage auf die einzelnen Schadensposten gestützt wird, in welcher Reihenfolge das Gericht diese also prüfen soll. Denn sonst könnte es zu unüberwindbaren Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit der materiellen Rechtskraft kommen. Ist die Reihenfolge bei Klageerhebung unklar oder nicht angegeben, kann (und muss) dies noch nachgeholt werden.
BGH NJW 2014, 3298:
Zitat
An der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass bereits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den geltend gemachten Teil übersteigt, die Verjährung aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt werden kann, wird festgehalten.
Das Gericht ist dann gezwungen, den Klageanspruch in der vom Kläger vorgegebenen Reihenfolge – notfalls durch Beweiserhebung – zu prüfen. Der Kläger wird zweckmäßigerweise die ihm am schwächsten erscheinende Schadensposition an den Anfang stellen, um mit geringerem Kostenrisiko – siehe aber § 45 Abs. 1 S. 2 GKG – eine Prüfung auch dieses Anspruchs zu erzwingen. Greift schon dieser Anspruch ganz oder wenigstens teilweise durch, so kann er noch in dem anhängigen Rechtsstreit den Klageantrag erhöhen und die weiteren (stärkeren) Schadenspositionen nachschieben. An die Zustimmung des Beklagten ist der Kläger nicht gebunden, und verspätet kann der neue Antrag auch nicht sein, vgl. § 4 Rdn 10 ff.
Rz. 64
Von einer Teilklage, die mehrere prozessual selbstständige Ansprüche zum Gegenstand hat, ist jedoch der Fall zu unterscheiden, dass ein Kläger eine Gesamtsumme geltend macht, die sich aus mehreren Einzelpositionen zusammensetzt.
BGH NJW 2000, 3718, 3719:
Zitat
Insoweit handelt es sich um einen einheitlichen Schaden mit unselbstständigen Rechnungsposten, nicht aber um verschiedene prozessuale Ansprüche. Hier bedarf es grundsätzlich keiner Erklärung über die Reihenfolge der Prüfung […].
Ob das eine oder das andere vorliegt, kann das Gericht nicht mit der Begründung offenlassen, die Klage sei auf jeden Fall unbegründet. Denn wenn mehrere prozessuale Ansprüche gegeben sind, und dem Gericht die Reihenfolge der Prüfung nicht vorgegeben wird, ist die Klage unzulässig; sie muss mit dieser Begründung abgewiesen werden.
Rz. 65
Da ein mit einer Teilk...