Rz. 141
Das angegriffene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stand der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB zu. Die von den Parteien nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen rechtfertigten insoweit die Annahme der Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses nach §§ 104, 105 SGB VII.
Rz. 142
Die Parteien wandten sich nicht grundsätzlich gegen eine Heranziehung der Regelungen in § 844 Abs. 3 BGB bzw. §§ 104, 105 SGB VII. Rechtsfehler des Berufungsgerichts waren insoweit auch nicht ersichtlich.
Rz. 143
Gemäß § 844 Abs. 3 S. 1 BGB, der durch das Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld v. 17.7.2017 (BGBl I 2017, 2421) Eingang in das Bürgerliche Gesetzbuch gefunden hat, hat der Ersatzpflichtige dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Die Vorschrift findet nach Art. 229 § 43 Nr. 1 EGBGB Anwendung, wenn die zum Tode führende Verletzung nach dem 22.7.2017 eingetreten ist.
Rz. 144
Nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII betrifft dies auch Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen. Als Versicherungsfälle gelten nach §§ 7, 8 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII auch Arbeitsunfälle von Personen, die wie Versicherte tätig werden, sogenannte Wie-Beschäftigte.
Rz. 145
Der Anwendungsbereich der §§ 104, 105 SGB VII war damit grundsätzlich eröffnet. Das Berufungsgericht hatte rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Beklagte zu 1 den tödlichen Arbeitsunfall weder vorsätzlich noch auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt hat. Zudem hatte die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft den Unfall als landwirtschaftlichen Arbeitsunfall der verstorbenen "Wie-Beschäftigten" i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII im Betrieb des Beklagten zu 1 anerkannt. Gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII ist der Zivilrichter an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte hinsichtlich der Frage gebunden, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf die Entscheidung darüber, ob der Verletzte den Unfall als Versicherter aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 S. 1 SGB VII erlitten hat und welchem Betrieb der Unfall zuzurechnen ist.
Rz. 146
Die Gesetzesauslegung unter Berücksichtigung des Wortlautes der §§ 104, 105 SGB VII, der Systematik und des Sinns und Zwecks der §§ 844, 845 BGB, der Entstehungsgeschichte des § 844 Abs. 3 BGB sowie des Normzwecks der §§ 104, 105 SGB VII lässt keinen Raum für eine Herausnahme des Hinterbliebenengeldes aus der Haftungsprivilegierung.
Rz. 147
Bereits der Wortlaut der § 104 Abs. 1 S. 1, § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII spricht für eine Anwendung der Vorschriften auf das Hinterbliebenengeld. Danach soll die Haftungsbeschränkung Ansprüche des Versicherten und solche seiner "Angehörigen und Hinterbliebenen" aus Personenschäden in gleicher Weise umfassen. Es werden danach tödliche Unfälle des Versicherten mitgeregelt und Angehörige und Hinterbliebene als mögliche Anspruchsinhaber ausdrücklich genannt.
Rz. 148
Ebenso legt die Systematik der §§ 844, 845 BGB eine Anwendung der Haftungsbeschränkung auf das Hinterbliebenengeld nahe.
Im Recht der unerlaubten Handlung steht dem nur mittelbar Geschädigten grundsätzlich kein eigener Ersatzanspruch zu. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch nach den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände beschränkt werden und Beeinträchtigungen, in denen sich die Schädigung eines anderen bei Dritten auswirkt, soweit diese nicht selbst in ihren eigenen Schutzgütern betroffen sind, sollen außerhalb der §§ 844, 845 BGB ersatzlos bleiben. Bei den Ersatzansprüchen nach §§ 844, 845 BGB handelt es sich somit um eng begrenzte Ausnahmevorschriften, deren Anwendungsbereich regelmäßig nicht auszudehnen ist. Der Grundsatz, dass für mittelbare Schäden außerhalb der §§ 844, 845 BGB deliktisch nicht gehaftet wird, gilt aber nur für Schäden, die aus der Verletzung eines Rechtsguts des Primärgeschädigten bei Dritten ...