Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 492
Das Fünfte Kapitel (Art. 23 bis 27) HAdÜ regelt das Kernstück der Konvention: Eine nach Maßgabe des Übereinkommens vollzogene Adoption wird in den anderen Vertragsstaaten nach Art. 23 Abs. 1 HAdÜ kraft Gesetztes anerkannt, wenn die zuständige Behörde des Staates, in dem sie durchgeführt worden ist, bescheinigt, dass sie gemäß dem Übereinkommen zustande gekommen ist. Diese Anerkennung einer in einem Vertragsstaat vollzogenen Adoption macht (sicherheitshalber erfolgte) Zweitadoptionen im Aufnahmestaat entbehrlich – unabhängig von dem dort angewandten Recht. Die Bescheinigung gibt an, wann und von wem die Zustimmungen nach Art. 17 lit. c HAdÜ (der Zentralen Behörde sowohl von Heimat- wie Aufnahmestaat) erteilt worden sind (mithin, dass die Adoption nach Maßgabe der Konvention zustande gekommen ist).
Rz. 493
Art. 23 Abs. 2 HAdÜ schließt Zweifel über die Zuständigkeit der Behörde aus. Danach notifiziert jeder Vertragsstaat dem Verwahrer des Übereinkommens (d.h. gem. Art. 43 Abs. 2 HAdÜ dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande) bei Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt zur Konvention Identität und Aufgaben der Behörden, die in diesem Staat für die Ausstellung der Bescheinigung zuständig sind und jede Art der Änderung in der Bezeichnung dieser Behörden.
Rz. 494
Die Anerkennung kann in einem Vertragsstaat gem. Art. 24 HAdÜ nur noch versagt werden, wenn die Adoption seiner öffentlichen Ordnung offensichtlich widerspricht, wobei das Wohl des Kindes zu berücksichtigen ist (ordre-public-Klausel).
Rz. 495
Art. 26 HAdÜ umschreibt vor dem Hintergrund, dass die Adoptionswirkungen nicht in allen Staaten gleich sind, die Reichweite der internationalen Adoption. Sie umfasst die Anerkennung
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des Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen dem Kind und seinen Adoptiveltern; |
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der elterlichen Verantwortlichkeit der Adoptiveltern für das Kind; sowie |
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der Beendigung des früheren Rechtsverhältnisses zwischen dem Kind und seiner Mutter und seinem Vater, wenn die Adoption dies in dem Vertragsstaat bewirkt, in dem sie durchgeführt worden ist. |
Rz. 496
Bewirkt die Adoption die Beendigung des früheren Eltern-Kind-Verhältnisses (sog. Volladoption), so genießt das Kind im Aufnahmestaat und in jedem anderen Vertragsstaat (in dem die Adoption anerkannt wird) Rechte entsprechend denen, die sich aus Adoptionen mit dieser Wirkung in jedem dieser Staaten ergeben. Dabei bietet die Konvention lediglich eine Minimallösung (vgl. Art. 26 Abs. 3 HAdÜ, wonach die vorab umschriebenen Regelungen die Anwendung für das Kind günstigerer Bestimmungen unberührt lassen, die in einem Vertragsstaat gelten, der die Adoption anerkennt), überlässt ansonsten aber die Beantwortung der Frage nach den Adoptionswirkungen dem nationalen Kollisionsrecht.
Rz. 497
Nach deutschem Recht erfährt Art. 26 HAdÜ eine Ergänzung durch das Gesetz über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht (Adoptionswirkungsgesetz – AdWirkG) als Art. 2 des Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts vom 5.11.2001. Nach § 2 Abs. 1 AdWirkG stellt in Deutschland das Familiengericht auf Antrag hin fest, ob eine Annahme als Kind i.S.d. § 1 AdWirkG (Anwendungsbereich) anzuerkennen oder wirksam und ob das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist.
Rz. 498
Bewirkt eine im Heimatstaat durchgeführte Adoption nicht die Beendigung des früheren Eltern-Kind-Verhältnisses (sog. schwache Adoption), so kann sie gem. Art. 27 Abs. 1 HAdÜ im Aufnahmestaat, der die Adoption nach dem Übereinkommen anerkennt, in eine Adoption mit einer derartigen Wirkung (mithin in eine Volladoption) umgewandelt werden (ohne dass es einer Wiederholung der Adoption bedürfte), wenn
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das Recht des Aufnahmestaates dies gestattet und |
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die in Art. 4 lit. c und d HAdÜ vorgesehenen Zustimmungen zum Zweck einer solchen Adoption (d.h. einer Volladoption) erteilt worden sind oder werden. |
Rz. 499
Wenn deutsche Adoptiveltern eine im Heimatstaat des Kindes vollzogene schwache Adoption in eine Volladoption umwandeln wollen, so müssen im Geltungsbereich der Konvention gem. § 3 AdWirkG weder die Zustimmungserfordernisse des deutschen Rechts (Adoptionsstatut) noch die Zustimmungserfordernisse des Staates, dem das Kind angehört (Art. 23 EGBGB), beachtet werden.
Rz. 500
Gemäß Art. 29 HAdÜ (Kontaktverbot) darf zwischen den künftigen Adoptiveltern und den Eltern des Kindes oder jeder anderen Person, welche die Sorge für das Kind hat, kein Kontakt stattfinden, solange die Erfordernisse des Art. 4 lit. a bis c und des Art. 5 lit. a HAdÜ nicht erfüllt sind, es sei denn, die Adoption findet innerhalb einer Familie statt oder der Kontakt entspricht den von der zuständigen Behörde des Heimatstaates aufgestellten Bedingungen.
Rz. 501
Nach Art. 30 HAdÜ haben die zuständigen Behörden eines Vertragsstaates dafür zu sorgen, dass die ihnen vorlie...