Rz. 369
Nach Art. 1 MSA sind für Maßregeln grundsätzlich die Behörden (siehe Rdn 373) des Staates international zuständig, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt (siehe Rdn 361) hat. Die dergestalt international zuständigen Behörden wenden nach Art. 2 Abs. 1 MSA ihr eigenes materielles Recht (lex fori) an, das nach Art. 2 Abs. 2 MSA die Voraussetzungen für die Anordnung, die Änderung und die Beendigung dieser Maßnahmen bestimmt und auch deren Wirkungen sowohl im Verhältnis zwischen dem Minderjährigen und den Personen oder den Einrichtungen, denen er anvertraut ist, regelt als auch im Verhältnis zu Dritten. In diesem Zusammenhang bestehen Probleme bei Kindesentführungen.[503] Die Durchführung der von den Behörden des Aufenthaltsstaates angeordneten Maßregeln kann nach Art. 6 Abs. 2 MSA einvernehmlich den Behörden eines Staates übertragen werden, in dem der Minderjährige Vermögen hat (Übertragung der Durchführung von Maßnahmen). Nach Art. 3 MSA richten sich gesetzliche Gewaltverhältnisse (siehe Rdn 365) nach dem Heimatrecht des Minderjährigen.[504]
Rz. 370
Ist der Minderjährige Mehrstaater, ist die effektive Staatsangehörigkeit maßgeblich, mithin primär jene – auch anders als Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB, wenn eine Staatsangehörigkeit die eigene ist – des gewöhnlichen Aufenthaltsstaates des Minderjährigen[505] mit der Folge, dass dann bspw. auf Kinder eines deutschen und eines ausländischen Elternteils deutsches Recht anwendbar ist, wenn die Kinder in Deutschland leben.
Rz. 371
Nach Art. 12 Abs. 1 des Genfer Abkommens von 1951 ist für diesem unterfallende Flüchtlingskinder das Recht ihres Wohnsitzes maßgeblich.[506]
Rz. 372
Ist auf einen Minderjährigen nach der vorab erfolgten Darstellung ausländisches Recht anwendbar, darf nach h.M.[507] in gesetzliche Gewaltverhältnisse nach Art. 1 und 2 MSA zuständigkeitshalber nicht eingegriffen werden, es sei denn, es besteht gem. Art. 8 Abs. 1 MSA eine ernsthafte Gefahr (sog. Schrankentheorie). A.A. ist hingegen die sog. Anerkennungstheorie, die Eingriffsmöglichkeiten nach Art. 1 und 2 MSA bejaht,[508] bzw. die sog. Heimatrechtstheorie,[509] nach der nur solche Maßnahmen zulässig sein sollen, die das Heimatrecht zulässt. Diese sind dann aber nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts zu treffen.
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