Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 353
Das New Yorker-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20.6.1956 verfolgt nach seinem Art. 1 den Zweck, die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs (aus familienrechtlichen Beziehungen) zu erleichtern, den eine Person (d.h. der Unterhaltsberechtigte), die sich im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei befindet (i.S. eines zumindest einfachen Aufenthalts), gegen eine andere Person (d.h. den Verpflichteten), die der Gerichtsbarkeit einer anderen Vertragspartei untersteht, erheben zu können glaubt (wenn also Unterhaltsberechtigter und Unterhaltsverpflichteter ihren gewöhnlichen Aufenthalt in unterschiedlichen Vertragsstaaten haben). Weiterhin soll die internationale Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen über Zentralbehörden (Übermittlungs- und Empfangsstellen) erleichtert werden. Die in dem Abkommen vorgesehenen Möglichkeiten des Rechtsschutzes treten zu den Möglichkeiten, die nach nationalem oder internationalem Recht ansonsten bestehen, hinzu. Sie treten allerdings nicht an deren Stelle. Es ist ein reines Rechtshilfeabkommen.
Rz. 354
Das New Yorker Unterhaltsübereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 19.8.1959 im Verhältnis zu China (Taiwan), Dänemark, Guatemala, Haiti, Israel, Italien, Jugoslawien (SVR), Marokko, Norwegen, Pakistan, Schweden, Sri Lanka, der Tschechoslowakei und Ungarn in Kraft getreten. Das Übereinkommen gilt heute für viele weitere Staaten (nicht jedoch für die USA und Kanada; siehe Rdn 359).
Rz. 355
Zur Erleichterung der Realisierung gesetzlicher Unterhaltsansprüche bestimmt jede Vertragspartei nach Art. 2 des Übereinkommens in dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunde hinterlegt,
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eine oder mehrere Gerichts- oder Verwaltungsbehörden, die in ihrem Hoheitsgebiet als Übermittlungsstellen tätig werden (Abs. 1), sowie |
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eine öffentliche oder private Stelle, die in ihrem Hoheitsgebiet als Empfangsstelle tätig wird (Abs. 2). |
Rz. 356
Die Übermittlungs- und Empfangsstellen dürfen mit den Übermittlungs- und Empfangsstellen anderer Vertragsstaaten gem. Art. 2 Abs. 4 des Übereinkommens unmittelbar verkehren. Diese "Zentralen Behörden" bemühen sich in Vertretung der Unterhaltsberechtigten um die praktische Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im Inland – zunächst durch den Versuch einer Einigung auf gütlichem Weg (Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens), sollte dies nicht möglich sein (als ultima ratio), aber auch in Vertretung des Unterhaltsberechtigten durch Klageerhebung oder Vollstreckung einer Entscheidung bzw. Betreibens eines anderen gerichtlichen Titels.
Rz. 357
Nach Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens kann der Unterhaltsberechtigte Gesuche (mit denen er seinen Unterhaltsanspruch geltend macht) bei den Behörden seines Aufenthaltsstaates (Übermittlungsstellen) einreichen, die den Vorgang an die im Ausland eingerichtete Empfangsstelle weiterleiten (Art. 4 des Übereinkommens). Das Gesuch muss nicht tituliert sein. Nach einer Erfolgsaussichtsprüfung gem. Art. 4 Abs. 3 des Übereinkommens wird das Gesuch mit entsprechenden Übersetzungen und Bescheinigungen über die Übermittlungsstelle an die zuständige Empfangsstelle im Ausland übersandt, die nach Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens geeignete Schritte einleiten muss, um die Unterhaltsleistung zu realisieren.
Rz. 358
§ 4 AUG bestimmt in Deutschland für alle Ersuche aus dem Ausland das Bundesamt für Justiz als Zentrale Behörde, die als ermächtigt gilt, im Namen des Antragstellers selbst außergerichtlich oder gerichtlich tätig zu werden, und die auch einen Unterhaltsantrag stellen und die Vollstreckung eines Unterhaltstitels betreiben kann. Nach § 7 AUG ist für die Entgegennahme von Gesuchen von Unterhaltsberechtigten in Deutschland das Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Rz. 359
Hinweise: Dem New Yorker Unterhaltsübereinkommen sind die USA und Kanada nicht beigetreten; für sie kann seit dem 1.1.1987 allerdings auf das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (AUG) zurückgegriffen werden, das sich inhaltlich an das UN-Abkommen anlehnt. Für die Entgegennahme von Gesuchen unterhaltsberechtigter Personen ist im Hinblick auf die USA und Kanada nach § 3 Abs. 1 AUG das Amtsgericht als Justizverwaltungsbehörde zuständig.
Das Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen von 2007 ersetzt gemäß seinem Art. 49 das New Yorker Unterhaltsübereinkommen, soweit der Anwendungsbereich des New Yorker Abkommens dem des HUntVollstrÜbk entspricht (vgl. vorstehende Rdn 274). Beachte auch den Vorrang der europäischen Unterhaltsverordnung im Verhältnis der Mitgliedstaaten letzterer Verordnung (vorstehende Rdn 199 ff., 263).