Rz. 28
In der DDR galt bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches (ZGB) am 1.1.1976 das Bürgerliche Gesetzbuch weitgehend fort. Das Erbrecht blieb also zunächst unverändert. Änderungen insbesondere im Familienrecht (Adoption, uneheliche Kinder etc.) wirkten sich auf das Erbrecht indirekt aus.
Das ZGB von 1976 war insgesamt deutlich einfacher gefasst als das BGB. Ermöglicht wurde dies auch durch die Ausgliederung der Rechtsverhältnisse zwischen Betrieben und die allgemein deutlich geringere wirtschaftliche Dynamik in der DDR. Die Verwaltung einer gemeinsam ererbten, vermieteten Immobilie war in der DDR aufgrund der nicht kostendeckenden Mieteinkünfte für gemeinschaftliche Erben weniger "reizvoll" und damit auch weniger konfliktträchtig.
Die Erbengemeinschaft wurde in § 400 Abs. 1 ZGB beschrieben:
Zitat
"Sind mehrere Erben vorhanden, steht ihnen die Erbschaft gemeinschaftlich zu. Bis zur Aufhebung der Erbengemeinschaft können sie über die Erbschaft und die einzelnen Nachlaßgegenstände nur gemeinschaftlich verfügen."
Rz. 29
Auch in der DDR war die Erbengemeinschaft also eine Gesamthandgemeinschaft. Die Miterben hatten Gesamteigentum. Die wesentlichen Regelungen zu Verfügungen, Einziehung von Forderungen sowie Veräußerungen von Erbteilen bei Vorkaufsrecht der anderen Erben entsprachen den hergebrachten Grundsätzen. Nur die gesetzliche Vertretungsbefugnis für die anderen Miterben war nicht auf dringliche Maßnahmen beschränkt. Im Rahmen des Notverwaltungsrechts durften einzelne Miterben gem. § 400 Abs. 2 S. 2 ZGB Kredite für die Erhaltung von Grundstücken und Gebäuden auch alleine aufnehmen.
Rz. 30
DDR-typisch ist der in § 424 ZGB kodifizierte Vorrang von genossenschaftlichen Bestimmungen und immobilienbezogenen Rechtsvorschriften. Bei unter Umständen für die auferlegte Gesellschaftsordnung wesentlichen Vorgängen behielt der Staat die Möglichkeit, nach seinen Interessen regulierend einzugreifen.
Rz. 31
Interessant ist die dem Staatlichen Notariat in §§ 425–427 ZGB eingeräumte Befugnis, bei über die Auseinandersetzung uneinigen Erben nicht nur zu vermitteln, sondern selbst "über die Teilung zu entscheiden" (§ 427 Abs. 1 ZGB). Zu ihrer praktischen Relevanz ist nichts bekannt.
Rz. 32
Nach Artikel 8 des Einigungsvertrages übernahmen die neuen Bundesländer auch das Erbrecht der Bundesrepublik. Für die – indirekte – Fortgeltung von DDR-Recht sind die Artikel 235 f. Einführungsgesetzbuch zum BGB zu beachten, die aber keine spezielle Bedeutung für das Recht der Erbengemeinschaft hatten. Die für in dem Gebiet der ehemaligen DDR gelegenen Grundstücke mögliche Nachlassspaltung tritt nicht ein, wenn eine Miterbenbeteiligung des Erblassers an einem solchen Grundstück in den Nachlass fällt.