Rz. 1
Zitat
BGB § 249 Abs. 2 S. 1
Ein Unfallgeschädigter kann (fiktiv) die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und zu diesem Zweck – falls erforderlich – verkehrssicher (teil-)reparieren lässt (im Anschluss an Senat, BGHZ 154, 395 ff.; 168, 43 ff.).
a) Der Fall
Rz. 2
Der Pkw des Klägers war bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden. Die Beklagte hatte als Kraftfahrzeugpflichtversicherer des Unfallgegners in vollem Umfang für den Schaden einzustehen.
Rz. 3
Eine fachgerechte Instandsetzung des beschädigten Fahrzeugs hätte nach sachverständiger Schätzung 8.000 EUR netto gekostet (Beträge zur Vereinfachung geändert). Der Kläger ließ die Reparatur jedoch kostengünstiger durchführen. Er veräußerte das Fahrzeug spätestens nach 22 Tagen. Die Beklagte erstattete ihm einen Betrag von 6.000 EUR, den sie aus dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs vor dem Unfall in Höhe von 10.000 EUR unter Abzug eines Restwerts von 4.000 EUR errechnete.
Rz. 4
Mit seiner Klage hat der Kläger die geschätzten Kosten einer fachgerechten Reparatur abzüglich gezahlter 6.000 EUR, mithin 2.000 EUR geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 5
Das Berufungsgericht hatte zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die vom Kläger durchgeführte Reparatur könne zwar aufgrund der vorgelegten Lichtbilder und Anlagen nicht als unfachmännisch bezeichnet werden; eine Reparatur mit Gebrauchtteilen sei im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs angemessen. Der Kläger verstoße aber gegen das Bereicherungsverbot, wenn er trotz des alsbaldigen Weiterverkaufs durch den Unfall wirtschaftlich besser gestellt werde als ohne das schädigende Ereignis.
Rz. 6
Das Berufungsurteil hielt im Ergebnis revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
Nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH stehen dem Unfallgeschädigten für die Berechnung eines Kraftfahrzeugschadens im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines "gleichwertigen" Ersatzfahrzeugs. Der Geschädigte, der sein Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt, kann grundsätzlich Ersatz der Reparaturkosten verlangen, wenn diese den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen.
Rz. 7
Der Kläger begehrte jedoch nicht (etwa unter Vorlage der Reparaturrechnung) Erstattung der Kosten der tatsächlich durchgeführten Instandsetzung. Er wollte vielmehr seinen Schaden (fiktiv) auf der Basis der geschätzten Kosten für die Instandsetzung berechnen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann der Geschädigte die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel jedoch nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und zu diesem Zweck – falls erforderlich – verkehrssicher (teil-)reparieren lässt.
Rz. 8
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Geschädigte im Streitfall das Fahrzeug spätestens 22 Tage nach dem Unfall weiterveräußert mit der Folge, dass er nicht (fiktiv) die geschätzten Reparaturkosten, sondern nur den Wiederbeschaffungsaufwand verlangen konnte. Da er infolge der Weiterveräußerung den Restwert realisiert hatte, musste er sich diesen bei der Schadensberechnung mindernd anrechnen lassen.