Dr. K. Jan Schiffer, Eberhard Rott
Rz. 81
Angesichts der vorstehend skizzierten Haftungsgefahren für einen Testamentsvollstrecker stellt sich ihm die Frage nach möglichen Haftungsvermeidungsstrategien, die über eine möglichst sorgfältige Tätigkeit im Einzelfall hinausgehen.
1. Entlastung des Testamentsvollstreckers?
Rz. 82
Oft überschätzt wird die Frage der Entlastung des Testamentsvollstreckers. Es herrscht verbreitet die Ansicht, wer entlastet sei, hafte nicht mehr. Dies ist indessen falsch, denn eine Entlastung gilt immer nur für die Sachverhalte, die denjenigen, die entlastet haben, auch bekannt waren. Streitgegenstand sind aber i.d.R. gerade Sachverhalte, die erst später bekannt werden und für die die Entlastung gerade nicht erteilt worden ist.
Rz. 83
Nach bislang noch herrschender Auffassung hat der Testamentsvollstrecker gegen die Erben keinen Anspruch auf Entlastung. Bei Meinungsverschiedenheiten über die ordnungsgemäße Erledigung der Testamentsvollstreckung oder von Einzelgeschäften bleibt daher nur die Möglichkeit, gegenüber dem Erben, der eine Entlastungserklärung beharrlich verweigert, Klage auf Feststellung zu erheben, dass der Testamentsvollstrecker seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat und daher keine Schadenersatzansprüche gegen ihn bestehen. Da die Entlastung formlos möglich ist, kann sie auch konkludent in der vorbehaltslosen Zahlung des Vollstreckerhonorars oder der Aufwendungen des Testamentsvollstreckers gesehen werden. Ob dieser Ansatz praxisrelevant werden wird, erscheint u.E. jedoch zweifelhaft, wenn der Testamentsvollstrecker, was häufig der Fall ist, seine Vergütung selbst aus dem Nachlass entnimmt.
Praxishinweis
Mehrere Testamentsvollstrecker, die im Regelfall das Amt gemeinsam führen, haften, sofern bei beiden die Haftungsvoraussetzungen vorliegen, als Gesamtschuldner (§ 2219 Abs. 2 BGB, §§ 421 ff. BGB). Eine interne Aufgabenverteilung ändert an der betreffenden Außenhaftung nichts; sie führt jedoch zu einem internen Gesamtschuldnerausgleich.
2. Aufrechnung
Rz. 84
Die Aufrechnung des Testamentsvollstreckers gegenüber einem Schadensersatzanspruch des Erben mit der Vergütungsforderung des Testamentsvollstreckers nach § 2221 BGB ist zulässig. Bei einer Aufrechnung gegenüber einem Vermächtnisnehmer oder einem Miterben ist jedoch zu beachten, dass diese nur soweit gehen kann, wie sie der Vermächtniserfüllung bzw. der Erbquote entspricht.
3. Haftungsbegrenzungsvereinbarungen
Rz. 85
Um die missliebigen Folgen nahezu "endloser" Haftung zu vermeiden, sollten Testamentsvollstrecker nach Möglichkeit sog. Haftungsbegrenzungsvereinbarungen herbeiführen. Gem. § 2220 BGB kann der Erblasser den (künftigen) Testamentsvollstrecker nicht von seiner Haftung befreien. Die Vorschrift ist zwingend; sie erfasst nach h.M. auch Umgehungsgeschäfte. Wie die Haftungsverpflichtung selbst bildet sie den Gegenpol zu der starken Stellung des Testamentsvollstreckers im deutschen Recht. Gleichwohl kann an die Aufnahme eines entsprechenden Wunsches in die letztwillige Verfügung des Erblassers gedacht werden. Denn wenn der Erblasser einen solchen Wunsch äußert, wird das regelmäßig nicht ohne Eindruck auf die Erben bleiben.
Ein Verzicht der Erben auf den Schutz des § 2220 BGB ist nach allgemeiner Auffassung – jedenfalls nach Eintritt des Erbfalls – zulässig. Zu beachten ist, dass bei mehreren Erben nach § 2040 Abs. 1 BGB alle einem entsprechenden Verzicht zustimmen müssen.
4. Haftpflichtversicherung
Rz. 86
Jedem Testamentsvollstrecker, insbesondere solchen Personen, die nicht bereits als Berufsträger ausreichend versichert sind, ist die Absicherung des Haftpflichtrisikos durch den Abschluss einer zusätzlichen Vermögensschadenhaftplichtversicherung dringend anzuraten. Solche Versicherungen werden von verschiedenen Versicherungsgesellschaften angeboten. Für kleine und mittlere Nachlässe bestehen häufig feste Tarife; die Versicherungsprämien für größere Nachlässe werden regelmäßig individuell ausgehandelt.
Rz. 87
Ob die Versicherungsprämien Aufwendungen darstellen, die mit der Testamentsvollstreckervergütung abgedeckt sind oder ob es sich um Auslagen handelt, die nach §§ 2218, 670 BGB zusätzlich aus dem Nachlass entnommen werden können ist streitig.
Richtigerweise ist u.E. zu differenzieren:
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Besteht für den Testamentsvollstrecker das Erfordernis einer Haftpflichtversicherung, um seinen Beruf überhaupt ausüben zu dürfen, gilt: Der sich durch die Einsetzung des Berufsträgers als Testamentsvollstrecker dokumentierte Wille des Erblassers wird regelmäßig dahingehend zu verstehen sein, dass er bis zur Höhe der von dem Berufsträger typischerweise unterhaltenen Deckungssumme die Aufwendungen für die Haftpflichtversicherung nicht dem Auslagenersatzanspruch zugerechnet wissen will. |
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Im Übrigen würde eine... |