1. Bedarf nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern

 

Rz. 140

Der Barbedarf bestimmt sich nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern. Dies gilt im Grundsatz auch beim Residenzmodell, kann dort aber in vielen Fällen vernachlässigt werden; es kann auf das Einkommen des Barunterhaltspflichtigen abgestellt werden (s. hierzu Fall 1 Rdn 5). Beim Wechselmodell ist jedoch stets auf das zusammengerechnete Einkommen abzustellen.

 

BGH, Beschl. v. 5.11.2014 – XII ZB 599/13 Rn 18 = BeckRS 2014, 23279

Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden – erhöhten – Bedarf insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells (vor allem Wohn- und Fahrtkosten), so dass der von den Eltern zu tragende Bedarf regelmäßig deutlich höher liegt als beim herkömmlichen Residenzmodell.

 

BGH, Beschl. v. 17.1.2017 – XII ZB 565/15 Rn 23[36]

Nach der Rechtsprechung des Senats bemisst sich der Unterhaltsbedarf beim Wechselmodell nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden Bedarf (Regelbedarf) insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells (Senatsbeschluss vom 5.11.2014 – XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236 Rn 18; Senatsurteil vom 21.12.2005 – XII ZR 126/03, FamRZ 2006, 1015, 1017).

Auch beim Wechselmodell ist fiktives Einkommen zu berücksichtigen.

 

BGH, Beschl. v. 17.1.2017 – XII ZB 565/15 Rn 27[37]

Grundsätzlich bestimmt auch das einem Elternteil anrechenbare fiktive Einkommen den Bedarf des Kindes. Denn die Erwerbsmöglichkeiten gehören zur Lebensstellung des Elternteils, von dem das Kind seine Lebensstellung ableitet (vgl. Senatsurteile vom 30.7.2008 – XII ZR 126/06, FamRZ 2008, 2104 Rn 32; vom 9.7.2003 – XII ZR 83/00, FamRZ 2003, 1471, 1473 und vom 31.5.2000 – XII ZR 119/98, FamRZ 2000, 1358, 1359).

[36] BGH FF 2017, 110 m. Anm. Seiler.
[37] BGH FF 2017, 110 m. Anm. Seiler.

2. Voraussetzungen des Wechselmodells

a) Weitreichender Umgang ist noch kein Wechselmodell

 

Rz. 141

Ein weitreichendes Umgangsrecht, das sich einer Mitbetreuung bereits annähert, ist noch kein "Wechselmodell".

 

BGH, Beschl. v. 5.11.2014 – XII ZB 599/13 Rn 20 = BeckRS 2014, 23279

Nach der Rechtsprechung des Senats ist die auf dem Residenzmodell beruhende und § 1606 Abs. 3 BGB tragende gesetzliche Beurteilung solange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt.

Denn dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil – auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse – zum Barunterhalt verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (Senatsbeschluss vom 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 Rn 28; Senatsurteile vom 21.12.2005 – XII ZR 126/03, FamRZ 2006, 1015, 1017 und vom 28.2.2007 – XII ZR 161/04, FamRZ 2007, 707 Rn 16; a.A. Schürmann, FamRZ 2014, 921; Sünderhauf, NZFam 2014, 585).

Zum lediglich weitreichenden Umgangsrecht, bei dem der Barunterhaltspflichtige nur durch eine Herabgruppierung in der DT oder das Unterlassen einer an sich gebotenen Höhergruppierung entlastet wird, siehe Fall 10, Rdn 127 ff.

b) Hälftige Aufteilung der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben

 

Rz. 142

Die Bejahung eines Wechselmodells verlangt:

 

BGH, Beschl. v. 5.11.2014 – XII ZB 599/13 Rn 21 = BeckRS 2014, 23279

Anders ist es nur zu beurteilen, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt (Senatsbeschluss vom 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 Rn 29).

Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB bereits durch Erziehung und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung.

Dabei kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein hierauf zu beschränken braucht (Senatsbeschluss vom 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 Rn 30 m.w.N.).

Neben dem zeitlichen Aspekt sind z.B. von Bedeutung:

Wer erledigt die Organisationsaufgaben, die sich bei der Kinderbetreuung stellen?
Wer strukturiert den Tagesablauf des Kindes?
Wer besorgt Kleidung und Schulutensilien?
Wer kümmert sich um die Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten?
Wer bietet langfristige Verlässlichkeit in der Wahrnehmung der Betreuung?

Hier im Fall ist das Vorliegen eines Wechselmodells vorgegeben.

3. Zum Bedarf im Einzelnen

 

Rz. 14...

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