1. Wahrung des notwendigen Selbstbehalts
Rz. 121
Der notwendige Selbstbehalt von F (1.160 EUR) bleibt gewahrt. Ihr verbleiben nach Zahlung des Unterhalts 1.996,50 EUR (2.500 – 503,50 EUR).
2. Wahrung des angemessenen Selbstbehalts
Rz. 122
Auch der angemessene Selbstbehalt der F (1.400 EUR) ist gewahrt. Eine Surrogatshaftung/Subsidiaritätshaftung des betreuenden M zur Wahrung des angemessenen Selbstbehalts (1.400 EUR) der F ist nicht erforderlich (so aber im Fall 8, Rdn 111 ff.).
3. Vermeidung eines erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen M und F
Rz. 123
Vollständige oder teilweise Surrogatshaftung/Subsidiaritätshaftung des betreuenden M?
M (5.000 EUR) hat nämlich ein deutlich höheres Einkommen als F (2.500 EUR).
BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – XII ZB 297/12 Rn 26 = BeckRS 2013, 13361
Auch der betreuende Elternteil kommt als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter in Betracht, wenn dieser in der Lage ist, unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen neben der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Selbstbehaltes aufzubringen.
Um die Regel der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB) dabei nicht ins Leere laufen zu lassen, setzt die anteilige oder vollständige Haftung des betreuenden Elternteils für den Barunterhalt des minderjährigen Kindes nach ständiger Rechtsprechung des Senats zusätzlich voraus, dass ohne die Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstehen würde.
Erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen M und F ohne Surrogatshaftung?
Grundsatz: Ein solches Ungleichgewicht kann grds. nur angenommen werden, wenn der angemessene Selbstbehalt (1.400 EUR) der F bei Zahlung des Barunterhalts nicht gewahrt wäre.
Dies ist hier, wie ausgeführt, nicht der Fall. Nach Zahlung des Barunterhalts verbleiben der F immer noch 2.030 EUR (2500 – 470 EUR).
Ausnahme: (Surrogatshaftung des Betreuenden, obwohl der angemessene Selbstbehalt des Barunterhaltspflichtigen gewahrt ist): Die Bejahung einer solchen Ausnahme ist das Ergebnis umfassender Billigkeitsabwägung.
BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – XII ZB 297/12 Rn 28
Die Frage, wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt, kann nicht in jedem Einzelfall schematisch durch die Gegenüberstellung der beiderseitigen, aufseiten des barunterhaltspflichtigen Elternteils gegebenenfalls auch fiktiven Nettoeinkünfte beurteilt werden.
Vielmehr ist die unterhaltsrechtliche Belastung der Elternteile im Rahmen einer umfassenden Billigkeitsabwägung angemessen zu würdigen. …
a) Volle Haftung des betreuenden Elternteils
Rz. 124
Eine Surrogatshaftung/Subsidiaritätshaftung kommt insb. ab 3-fachem bereinigten Nettoeinkommen in Betracht.
BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – XII ZB 297/12 Rn 29
Wenn der betreuende Elternteil etwa über das Dreifache der unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils verfügt, nähert sich die Einkommensdifferenz einer Grenze, an der es unter gewöhnlichen Umständen der Billigkeit entsprechen kann, den betreuenden Elternteil auch den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe aufbringen zu lassen.
M hat nicht das 3-fache Einkommen, sondern das doppelte (5.000 EUR/2.500 EUR), so dass eine vollständige Ersatzhaftung der F nicht in Betracht kommt.
b) Anteilige Haftung des betreuenden Elternteils
Rz. 125
Auch unterhalb der Schwelle "3-faches bereinigtes Nettoeinkommen" kommt eine Surrogatshaftung/Subsidiaritätshaftung in Betracht:
Erforderlich ist weiterhin eine "erhebliche" Einkommensdifferenz. Die kann hier bejaht werden (doppeltes Einkommen).
In welchem Umfang der nicht betreuende Elternteil in solchen Fällen bei der Aufbringung des Barunterhalts ausnahmsweise entlastet werden kann, hat vorrangig der Tatrichter in eigener Verantwortung zu prüfen.
Der Umfang der Beteiligung des M am Barunterhalt kann nach dem Verteilungsmaßstab der elterlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 1606 Abs. 3 S. 1 BGB) bestimmt werden.
Die Höhe des Bedarfs kann vorliegend – es besteht kein Anspruch der F auf Ehegattenunterhalt – weiterhin allein nach dem Einkommen des Barunterhaltspflichtigen, hier der F bestimmt werden.
Dem Umstand, dass M das Kind betreut ist aber Rechnung zu tragen.
BGH, Beschl. v. 9.11.2016 – XII ZB 227/15 Tz. 37
Dass das Oberlandesgericht auf der bisherigen Grundlage auch eine Mithaftung des Vaters aufgrund § 1606 Abs. 3 BGB nicht angenommen hat, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsbeschluss vom 10.7.2013 – XII ZB 297/12, FamRZ 2013, 1558 Rn 26 ff.). Das Oberlandesgericht ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass der Vater seine Unterhaltspflicht grundsätzlich durch die Betreuung des Kindes erfüllt hat. In welchem konkreten Umfang er das Kind persönlich betreut oder er sich der Hilfe Dritter bedient hat, spielt hierfür keine entscheidende Rolle, weil er als allein sorgeberechtigter Elternteil zweifelsfrei die Betreuungsverantwortung für den Antragsteller trägt und getragen hat.
Wenn eine Mithaftung in Betracht kommt, ist der Betreuungsleistung wie folgt Rechnung zu tragen:
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Entweder wird bei der Anteilsberechnung für M, also für den betreuenden Elternteil ein höherer Sockelbetrag als der angemessene Selbst... |