Rz. 19
Der eigentliche Kunsthandel erfolgte erst mit der Wendung vom Verleger- zum Autorenschutz. Während zuvor allenfalls der Gewerbeschutz und damit das materielle Eigentum erfasst wurde, kam es nunmehr zur Vorstellung vom geistigen Eigentum des Urhebers.
Rz. 20
Basis für diese von John Locke (1632–1704) vertretene Arbeitstheorie ist das auf dem Naturrechtsgedanken gründende, angeborene Recht des Menschen an den von ihm geschaffenen Gütern. In England wurde in einem Gesetz von 1709 ein zeitlich befristetes, ausschließliches Vervielfältigungsrecht des Autors an seinen Werken anerkannt. Hintergrund dieser Regelung war, die Monopolstellung der Buchhändlergilde zu brechen. Die Schutzfrist betrug 14 Jahre und konnte nochmals um denselben Zeitraum verlängert werden.
Rz. 21
In Frankreich wurden während der Französischen Revolution alle Privilegien abgeschafft und in den Revolutionsgesetzen von 1791 und 1793 eine "propriete litterère et artistique" anerkannt. Die Schutzdauer des "geistigen Eigentums" reichte bis zehn Jahre nach dem Tode des geistigen Urhebers. Auch in der Schweiz und in Deutschland war das "geistige Eigentum" die Basis für die weitere Entwicklung der Kulturwirtschaft. Bis zum Wiener Kongress von 1815 galt in den beiden Staaten immer noch das Privilegienwesen. Goethe, dessen Werke häufig nachgedruckt wurden, hatte sich mit Unterstützung des Deutschen Bundes 39 Privilegien von Einzelstaaten einräumen lassen, um dieses nicht legale Treiben zu unterbinden.
Rz. 22
Der Wiener Kongress diskutierte das geistige Eigentum, kam aber nicht zu konkreten Ergebnissen. Erst im Jahre 1835 wurde ein Bundesbeschluss erlassen, wonach der Nachdruck im gesamten Bundesgebiet zu verbieten und das schriftstellerische Eigentum zu schützen sei. Preußen erließ 1837 ein Gesetz zum Schutze des Eigentums an Werken der Wissenschaft und Kunst und somit das erste "moderne Urheberrechtsgesetz". In der Bundesversammlung von 1837 wurden zwar entsprechende Beschlüsse gefasst, die Rechtswirklichkeit sah aber noch anders aus. Im Fall Schelling – einem damals berühmten Philosophen – wird dies deutlich. Dieser hatte die so genannte Offenbarungsphilosophie entwickelt, die er erstmalig in der Vorlesung der Universität Berlin im Wintersemester 1841/42 vortrug. Theologieprofessor Paulus, sein Gegenspieler an der Universität Heidelberg, ließ diese Vorlesung wörtlich nachschreiben und gab sie 1843 als "wörtlichen Text der endlich offenbar gewordenen von Schelling'schen positiven Philosophie der Offenbarung" heraus. Schelling erreichte zunächst die Beschlagnahme, wogegen sich Paulus wandte. Er bestritt den Nachdruck, da er die fremde Lehre nicht abgeschrieben, sondern mit Vorrede und Einleitung sowie mit "beleuchtenden Erklärungen und Bekämpfungen" versehen habe, sodass der Vorlesungstext nur ein Viertel des Buches ausmache und er es daher als sein volles geistiges Eigentum beanspruche. Mangels Veröffentlichung sei es kein "Nachdruck", sondern höchstens "Vordruck". Die Prozesse in Darmstadt (Sitz des Verlages), in Leipzig (Sitz des Kommissionärs des Verlages) und in Berlin gegen Paulus hatten keinen Erfolg, sie stellen aus heutiger Sicht Fehlurteile dar.