Dr. Christoph Lichtenberg
Rz. 110
Neben den gerade behandelten eigentlichen Vergütungsansprüchen können dem Werkunternehmer bei der Abwicklung eines Bauvorhabens noch weitere, vergütungsähnliche Ansprüche entstehen. Dies sind:
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Aufwendungsersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 683, 670 BGB; |
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Ansprüche wegen unterlassener Mitwirkung des Auftraggebers gem. § 642 BGB sowie ggf. gem. § 304 BGB; |
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Bereicherungsansprüche nach den §§ 812 ff. BGB. |
a) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag
Rz. 111
Hat der Auftragnehmer ohne Veranlassung des Auftraggebers eine Leistung ausgeführt oder abgeändert, kann ihm ein Aufwendungsersatzanspruch nach den §§ 683, 670 BGB entstehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Auftragnehmer bewusst eine Aufgabe des Auftraggebers übernimmt oder meint, im Rahmen seines (wirksamen) Vertrages zu handeln.
Rz. 112
Voraussetzung ist, dass die zusätzliche oder geänderte Leistung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entspricht. Wie schon oben (siehe Rdn 53) erwähnt, sind die Anspruchsvoraussetzungen nahezu dieselben wie bei § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B, jedoch ohne das Erfordernis der unverzügliche Anzeige. Da § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag ausdrücklich unberührt lässt, steht dem Werkunternehmer im VOB-Vertrag quasi ein "doppelter Boden" zur Verfügung: Hat er die Leistungsänderung unverzüglich angezeigt, kann er zusätzliche bzw. geänderte Vergütung nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B beanspruchen. Hat er die Anzeige vergessen oder aus sonstigen Gründen unterlassen, kann er den Aufwendungsersatzanspruch geltend machen.
Rz. 113
Der Auftragnehmer muss zunächst mit zumutbarem Aufwand versuchen, den tatsächlichen Willen des Auftraggebers in Erfahrung zu bringen. Hat der Auftraggeber die Änderung abgelehnt, kommt ein Anspruch aus den §§ 683, 670 BGB im Regelfall nicht in Frage, auch wenn diese Ablehnung nicht vernünftig oder nicht nachvollziehbar war; Ausnahme: § 679 BGB.
Rz. 114
Ist der wirkliche Wille nicht (rechtzeitig) feststellbar, kommt es auf den mutmaßlichen Willen an. Darunter versteht man das, was ein verständiger Betrachter bei objektiver Beurteilung aller Umstände gewollt hätte. Vor allen Dingen dann, wenn die Änderung technisch notwendig war, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch gegeben sind. Das mag anders sein, wenn sich das gleiche Ziel mit geringeren Kosten hätte erreichen lassen.
Entspricht die Leistung dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, liegt sie auch in seinem Interesse, sodass sich hieraus keine weiteren Voraussetzungen ergeben.
Rz. 115
Gem. § 670 BGB erhält derjenige, der auftragslos ein Geschäft für einen anderen betrieben hat, unter den genannten Voraussetzungen die Aufwendungen erstattet, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bemisst sich der Anspruch nach der üblichen Vergütung (entsprechend § 632 Abs. 2 BGB), sofern der Leistende in Ausübung seines Berufs oder Gewerbes handelt.
Rz. 116
Allerdings wurde angenommen, dass der Anspruch im Rahmen eines VOB-Vertrags den nach den Grundsätzen der §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B ermittelten Anspruch nicht übersteigen dürfe. Daran wird man aber wohl nicht mehr festhalten können; vielmehr kommt es im Ergebnis auf die tatsächlich entstandenen Kosten an; kalkulatorische Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn umfasst der Aufwendungsersatzanspruch demnach nicht.
b) Ansprüche wegen unterlassener Mitwirkung
Rz. 117
Verstärkte Bedeutung hat in den letzten Jahren der in § 642 BGB geregelte Entschädigungsanspruch erlangt, welcher dem Auftragnehmer zusteht, wenn der Auftraggeber durch das Unterlassen...