Dr. Christoph Lichtenberg
Rz. 296
Schließlich muss der Auftragnehmer mit der Einrede der Verjährung rechnen.
Rz. 297
Die Vergütungsansprüche sowie die vergütungsähnlichen Ansprüche unterliegen der Regelverjährung nach § 195 BGB. Die Verjährungsfrist beträgt also drei Jahre; für den Beginn gilt § 199 Abs. 1 BGB.
Rz. 298
Demnach beginnt der Lauf der Verjährung mit dem Ende des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger – hier also der Auftragnehmer – von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
Rz. 299
Die Bedingungen der Nr. 2 werden in aller Regel gegeben sein und spielen daher praktisch keine Rolle. Von größerer Bedeutung ist, dass es gem. Nr. 1 auf das Jahr ankommt, in welchem der Anspruch entstanden ist. Das entspricht dem Eintritt der Fälligkeit. Daraus folgt:
a) Im VOB-Vertrag
Rz. 300
Wie oben schon erwähnt, muss also auf jeden Fall die Abnahme erfolgt sein oder es müssen die Abnahmewirkungen auf andere Weise eingetreten sein.
Rz. 301
Wie oben dargelegt (siehe Rdn 189 ff.), sind im VOB-Vertrag weitere Fälligkeitsvoraussetzungen die Übergabe einer prüffähigen Schlussrechnung sowie deren Prüfung durch den Auftraggeber bzw. der Ablauf der Prüffrist von im Regelfall 30, im Ausnahmefall 60 Tagen.
Rz. 302
Daraus folgt zum einen, dass der Auftragnehmer den Beginn der Verjährung zunächst einmal selbst in der Hand hat. Denn ohne Erstellung und Übergabe der Schlussrechnung kann die Fälligkeit nicht eintreten; damit beginnt auch die Verjährungsfrist nicht. Dem kann der Auftraggeber, wenn er den Beginn der Verjährungsfrist herbeiführen will, über § 14 Abs. 4 VOB/B entgegenwirken: Hat er nach Ablauf einer angemessenen Nachfrist selbst eine Schlussrechnung erstellt, wird mit deren Übergabe der Schlusszahlungsanspruch sofort fällig und die Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn sind gesetzt.
Rz. 303
Zum anderen folgt daraus, dass sich wegen des Kriteriums der Prüffähigkeit die Verjährung auch noch erheblich verzögern kann. Nutzt der Auftraggeber die Prüffrist voll aus oder braucht er gar zu lang, sind es immerhin 30 bzw. im Ausnahmefall 60 Tage nach Übergabe der Schlussrechnung. Erhebt der Auftraggeber innerhalb der Prüffrist berechtigte Einwände gegen die Prüffähigkeit, verschiebt sich der Eintritt der Fälligkeit, bis der Auftragnehmer die Mängel beseitigt hat und der Auftraggeber erneut Zeit für die Prüfung hatte.
Rz. 304
Das wird besonders dann interessant, wenn die Schlussrechnung gegen Ende eines Jahres eingereicht wird. Reicht der Auftragnehmer die Schlussrechnung beispielsweise am 2. Dezember eines Jahres ein und nutzt der Auftraggeber die Prüffrist zumindest vollständig aus, tritt die Fälligkeit erst am 1. Januar des folgenden Jahres ein. Damit "verlängert" sich die Verjährungsfrist also um fast ein Jahr.
Rz. 305
Von dem Grundsatz, dass nur die Übergabe einer prüffähigen Schlussrechnung den Lauf der Verjährung in Gang bringen kann, gelten die gleichen Ausnahmen, die oben für die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs beschrieben sind: Prüft der Auftraggeber die Rechnung, obwohl sie objektiv nicht prüffähig gewesen wäre oder lässt er die Prüffrist verstreichen, ohne Einwände gegen die Prüffähigkeit zu erheben, tritt die Fälligkeit und damit der Beginn der Verjährung auch auf Basis einer nicht prüfbaren Rechnung ein.
b) Im BGB-Vertrag
Rz. 306
Beim "alten" BGB-Vertrag ist ausschließlich die Abnahme (bzw. ein anderweitiger Eintritt der Abnahmewirkungen) Kriterium für den Eintritt der Fälligkeit. Daraus folgt, dass die Forderung des Auftragnehmers auch verjähren kann, ohne dass er jemals eine prüfbare Schlussrechnung vorgelegt hat. In einem ab dem 1.1.2018 geschlossenen BGB-Bauvertrag ist hingegen die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzung, sodass es sich im Grundsatz verhält wie für den VOB/B-Vertrag geschildert, allerdings ohne dass es auf den Ablauf der Prüffrist ankommt.