Dr. Christoph Lichtenberg
Rz. 189
Gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 VOB/B wir der Anspruch auf die Schlusszahlung alsbald nach Prüfung und Feststellung der Schlussrechnung durch den Auftraggeber fällig, spätestens aber 30 Tage nach Zugang der Schlussrechnung. Die Frist kann durch ausdrückliche Vereinbarung auf 60 Tage verlängert werden, wenn die Voraussetzungen von S. 2 gegeben sind, d.h. wenn es eine sachliche Rechtfertigung für diese Verlängerung gibt.
Rz. 190
Daraus folgt als weitere Voraussetzung für die Fälligkeit des Schlusszahlungsanspruchs im Rahmen des VOB-Vertrages:
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Dem Auftraggeber muss die Schlussrechnung des Auftragnehmers zugegangen sein. |
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Diese muss prüfbar sein und/oder der Auftraggeber darf innerhalb der in § 16 Abs. 3 S. 1 und 2 VOB/B vorgesehenen Fristen (d.h. innerhalb von 30 oder in Ausnahmefällen von 60 Tagen) nach deren Zugang keine begründeten Einwendungen gegen die Prüfbarkeit erhoben haben. Nach wohl herrschender Meinung läuft diese Frist nach Erledigung eventueller Beanstandungen erneut. |
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Der Auftraggeber muss die Rechnung entweder schon vor Ablauf der genannten Fristen geprüft haben, oder es ist seit dem Zugang der prüffähigen Rechnung (bzw. seit der Behebung berechtigter Beanstandungen) die Prüffrist abgelaufen. |
Rz. 191
Die Anforderungen an eine prüfbare Schlussrechnung können zunächst einmal § 14 Abs. 1 VOB/B entnommen werden: Danach hat die Rechnung übersichtlich zu sein und sind die Bezeichnungen zu verwenden, die auch im Vertrag enthalten sind. Weiterhin sind erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege beizufügen, die für die Überprüfung nötig sind. Im Regelfall ist der Schlussrechnung also ein Aufmaß beizufügen, um sie prüfbar zu machen.
Rz. 192
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde mehrfach wiederholt, dass die Prüfbarkeit keinem Selbstzweck dient. Das Erfordernis einer prüfbaren Abrechnung dient lediglich dem Zweck, dass der Auftraggeber die Abrechnung des konkreten Vorhabens leicht nachvollziehen kann. Entscheidend ist also der konkrete Vertrag. Es kommt somit nicht darauf an, ob die Rechnung objektiv prüfbar ist oder ob sie die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 VOB/B allesamt erfüllt. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der konkrete Auftraggeber – ggf. unterstützt durch seinen Architekten – subjektiv in der Lage ist, die Rechnung zu prüfen. Die Fachkunde des Auftraggebers (sowie ggf. seiner Berater) ist zu berücksichtigen. Vor allen Dingen ist der Auftraggeber mit dem Einwand der mangelnden Prüfbarkeit ausgeschlossen, wenn er die Rechnung tatsächlich geprüft hat.
Rz. 193
Das Kriterium der Prüfbarkeit darf nicht mit dem der Richtigkeit bzw. Mangelhaftigkeit der Abrechnung verwechselt werden. Ist die Rechnung inhaltlich unrichtig, konnte aber vom Auftraggeber geprüft werden, wird der (berechtigte) Vergütungsanspruch fällig. Sofern der Auftraggeber also im Prozess konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit der Rechnung erhebt, ist schon weiterer Vortrag erforderlich, um darzulegen, dass die Rechnung nicht prüffähig war, denn offensichtlich hat er sie geprüft. Dies gilt erst recht, wenn der Auftraggeber im Prozess die Überzahlung des Auftragnehmers geltend macht, denn dies setzt voraus, dass er die Rechnung geprüft hat.
Die Fälligkeit kann im Übrigen nach Ablauf der Prüffrist teilweise eintreten, sofern der Einwand der mangelnden Prüffähigkeit nicht alle Leistungsteile betraf.
Rz. 194
Möchte der Auftraggeber seinerseits die endgültige Abrechnung und damit die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs herbeiführen (z.B. um auch die Verjährung in Gang zu setzen), hat er die Möglichkeit, dem Auftragnehmer nach § 14 Abs. 3 VOB/B eine angemessene Frist zur Einreichung einer (prüffähigen) Schlussrechnung zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist hat er das Recht, selbst und auf Kosten des Auftragnehmers eine Schlussrechnung zu erstellen.