Rz. 109

Muster 1.12: Sachverständigenkosten bei geringem Fahrzeugschaden

 

Muster 1.12: Sachverständigenkosten bei geringem Fahrzeugschaden

_________________________ Versicherungs-AG

_________________________ (Anschrift)

Schaden-Nr.: _________________________, Verkehrsunfall vom: _________________________

_________________________ (Anrede),

in vorbezeichneter Angelegenheit bedanke ich mich auch im Namen der Mandantschaft für die geleistete Zahlung auf den Fahrzeugschaden. Ihre Auffassung hinsichtlich der Sachverständigenkosten kann diesseits nicht geteilt werden. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht seitens des Mandanten ist vorliegend nicht gegeben. Die Kosten des Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB Ihrerseits auszugleichenden Vermögensnachteilen.1

Die Einschaltung eines Sachverständigen war vorliegend zwecks Begutachtung und Ermittlung des Fahrzeugschadens zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig. Diesbezüglich darf ich höflich darauf hinweisen, dass es für die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Begutachtung auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung ankommt und dieser nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte.

Der später ermittelte Schadensumfang kann hierfür zwar ein Gesichtspunkt sein, jedoch ist zu berücksichtigen, dass dem Mandanten als Geschädigtem zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum der Begutachtung, die Höhe des Schadens gerade nicht bekannt war (vgl. BGH NJW 2005, 356).

Insofern darf vorliegend auch darauf hingewiesen werden, dass für meinen Mandanten als Laien nicht erkennbar war, wie hoch der Sachschaden am eigenen Kfz unfallbedingt sein würde. Unser Mandant ist von Beruf _________________________ und besitzt daher nicht das erforderliche Fachwissen eines Kfz-Meisters, Kfz-Sachverständigen oder Kfz-Mechanikers.2

Wie dem Kfz-Sachverständigengutachten des Kfz-Sachverständigen _________________________ zu entnehmen ist, handelt es sich bei dem Mandantenfahrzeug zudem um einen _________________________, mithin ein hochwertiges Fahrzeug, das sich zum Unfallzeitpunkt in einem guten und gepflegten Zustand befand. Zudem erfolgte vorliegend ein rammartiger Anstoß, bei dem das Mandantenfahrzeug u.a. im Bereich der lackierten Stoßstange beschädigt wurde. Ausweislich der Bilder im Sachverständigengutachten war der Stoßfänger vorn links gestaucht und die Stoßstange verschoben.

Diesbezüglich waren deutliche Spaltmaßverschiebungen auf den Fotos des Sachverständigen sichtbar. Insofern war die Entstehung eines hohen Fahrzeugschadens zu vermuten u.a. aufgrund eventuell hinter der beschädigten Stoßstange liegender weiterer Beschädigungen, so dass dem Mandanten mangels Erkennbarkeit eines Bagatellschadens auch die Sachverständigenkosten zu erstatten sind.3

Ich habe Sie daher höflich aufzufordern, die Sachverständigenkosten bis spätestens zum _________________________ auf das Ihnen bekannte Konto des Mandanten anzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 110

Erläuterungen der Fußnoten in Muster 1.12

Fußnote 1

Grundsätzlich kann sich der Geschädigte zwecks Bezifferung seines unfallbedingt erlittenen Fahrzeugschadens an einen Kfz-Sachverständigen wenden und diesen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen. Die Gutachterkosten – mithin die Schadenermittlungskosten – sind als Schadensposition gemäß § 249 BGB den Kfz-Sachverständigen zu erstatten. Problematisch wird dies hingegen, wenn am Fahrzeug des Geschädigten nur ein geringer Sachschaden entstanden ist. Gegebenenfalls verstößt der Mandant gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB, indem er einen Sachverständigen mit der Schadensermittlung beauftragt, statt einen Kostenvoranschlag in einer Werkstatt einzuholen, der kostengünstiger – ggf. sogar kostenfrei – erstellt werden würde. Ein solcher Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht kommt in Betracht, wenn am Fahrzeug des Geschädigten lediglich ein Bagatellschaden eingetreten ist. Da der Mandant in vielen Fällen bereits einen Sachverständigen mit der Schadensermittlung beauftragt und das Sachverständigengutachten bereits erhalten hat, bevor er den Rechtsanwalt aufsucht, stellt sich die Frage, in welchen Fällen auch bei Bagatellschäden eine Erstattung der Gutachterkosten erfolgen kann.

 

Rz. 111

Fußnote 2

Die Grenze für das Bestehen von Bagatellschäden wird derzeit bei einer Schadenshöhe von 500 EUR bis 1.000 EUR, teilweise 1.500 EUR angesetzt. Diese kann jedoch nicht starr angewandt werden. Entscheidend ist ebenfalls, ob die Geringfügigkeit des Schadens für den Mandanten als Geschädigten erkennbar, bzw. offensichtlich war (vgl. AG Berlin-Mitte DAR 1998, 73; AG Detmold zfs 1997, 297). Offensichtliche Geringfügigkeit dürfte allenfalls bei oberflächlichen Schäden gegeben sein. Oft wird der Mandant als Laie nicht abschätzen können, ob an seinem Fahrzeug nur ein Bagatellschaden eingetreten ist. Ist die Höhe...

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