Rz. 15

Ausgehend von den Wünschen und dem Willen des Mandanten ist eine Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes vorzunehmen – im Folgenden anhand eines klassischen Sachverhaltes. Der Mandant oder die Mandanten als Eheleute verfügen i.d.R. über diverse Immobilien und sonstige Wertgegenstände und haben mehrere Kinder oder neben einem Kind andere Personen, die es zu bedenken gilt. Um bei dieser Zielsetzung Klarheit in die Vorstellungen der Mandanten zu bekommen, ist es notwendig, zunächst eine sog. "finale Substanzzuweisung" zu bedenken. Die Mandanten sind also zu fragen, wem welches Objekt letztlich zufließen soll, bzw. wer an welchem Objekt zwar kein Eigentum, aber doch ein bestimmtes Nutzungsrecht erlangen soll. Die Mandanten sollen vor die Frage gestellt werden, bei welchem Kind/bei welchen Bedachten sie die einzelnen Vermögensgegenstände ankommen lassen wollen und welches Kind/welche Bedachte letztlich über einen bestimmten Gegenstand uneingeschränkt oder auch nur eingeschränkt verfügen können sollen.

 

Rz. 16

Wird aus dieser "endgültigen Sicht" der Vermögensfluss gesehen, klären sich die Vorstellungen der Mandanten. Erst wenn die Mandanten sich Klarheit verschafft haben, wie der finale Substanzfluss aussehen soll, fällt es ihnen auch zunehmend leichter, mit Hilfe des Beraters die richtige Regelung für den ersten Erbfall zu treffen.

 

Rz. 17

Bei einem Ehegattentestament sollte die Regelung für den ersten Todesfall so aussehen, dass sowohl zivil- wie auch steuerrechtlich der richtige Weg eingeschlagen wird. So macht es keinen Sinn, Substanz zum überlebenden Ehegatten zu transferieren, wenn dieser sich bereits im achten Lebensjahrzehnt befindet und ihn eine ordnungsgemäße Substanzverwaltung ohnehin nur belasten würde. Dann ist es besser, die Substanz sogleich in die nächste Generation fließen zu lassen und den überlebenden Ehegatten durch entsprechende Nutzungszuwendungen z.B. durch Nießbrauch zu sichern (zur steuerlichen Abzugsfähigkeit des Nießbrauchs vgl. § 25 Rdn 103, 198). Allerdings sollte dann darauf geachtet werden, dass den Erben, deren Nachlass von dem Nießbrauch belastet ist, hinreichend Liquidität zur Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten zur Verfügung steht.

 

Rz. 18

Der Berater sollte sich stets vor Augen führen, dass ihm das deutsche Recht eine weitgehende Gestaltungsfreiheit auch in der Weise gewährt, dass die Nutzungsrechte von der Substanz gelöst und abweichend vom Substanzfluss aufschiebend oder auflösend bedingt/befristet an einen Einzelgläubiger oder an Gesamtgläubiger zugewiesen werden können.

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