A. Einleitung
Rz. 1
Der Begriff der Vermögensnachfolge beinhaltet sowohl die lebzeitige Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) als auch den Vermögensübergang durch Erbfall. Die optimale Vermögensnachfolge sollte – auch aus steuerlichen Gründen – bereits zu Lebzeiten stattfinden (Dekadentransfer). Im Rahmen dieser so genannten Vermögensnachfolgeplanung erfüllt die erbrechtliche Verfügung eine so genannte Absicherungsfunktion. Sie dient dazu, den Vermögensübergang im (unerwarteten) Todesfall abzusichern bzw. zu vollenden.
Rz. 2
Was sich in den USA unter dem Titel "Estate Planning" zu einem eigenen Rechtsgebiet entwickelt hat, wird hierzulande eher stiefmütterlich und ansonsten lediglich unter dem Gesichtspunkt steuerlicher Gestaltung behandelt. Die im ersten Kapitel dieses Buches dargestellten Überlegungen zur Vermögensnachfolgeplanung möchten dazu beitragen, die Notwendigkeit einer Verfügung von Todes wegen im Rahmen der Vermögensnachfolge aufzuzeigen und die Sensibilität des Beraters dahingehend zu fördern, nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine in das Gesamtbild des Vermögens des Mandanten passende und in sich stimmige Verfügung von Todes wegen zu errichten.
B. Erstes Mandantengespräch – Erfassung der Ausgangslage
Rz. 3
Der mit der Gestaltung einer Verfügung von Todes wegen beauftragte Berater steht zu Beginn des Mandats oftmals vor der Frage, welche Informationen und Unterlagen er benötigt und welche konkrete Gestaltung er dem Mandanten schließlich vorschlagen soll. Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen Anhaltspunkt für die Vorgehensweise des Beraters geben. Ausgehend von der Erfassung der so genannten Ausgangslage – des Sachverhalts – über die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses bis hin zur Niederlegung der Wünsche des Mandanten, ist dem Berater eine solche checklistenartige Vorgehensweise zu empfehlen, um nicht wesentliche Fragen und Probleme der "Nachlassplanung" zu übersehen.
I. Beteiligte Personen (Stammbaum des Erblassers)
1. Allgemeines
Rz. 4
Um sich in jeder Phase der Bearbeitung der Verfügung von Todes wegen einen schnellen Überblick über die an der Gestaltung beteiligten bzw. betroffenen Personen verschaffen zu können, sollte man sich zunächst den Familienstammbaum des Mandanten bzw. des Erblassers aufzeichnen. Anhand eines solchen Stammbaums lassen sich schnell die einzelnen Erbenordnungen und somit auch die Ansprüche der Beteiligten feststellen. Es empfiehlt sich, neben den Familienangehörigen auch die übrigen Bedachten zu erfassen. Personenstandsdaten erhält man beim Standesamt des Geburtsortes des Erblassers. Eine Auskunftsberechtigung ergibt sich aus dem Personenstandsgesetz.
2. Person des Erblassers
Rz. 5
Bei den Daten des Erblassers sollten im Testament mindestens Name, Vorname, Geburtsdatum und nach Möglichkeit auch der Geburtsort angegeben werden. Es empfiehlt sich, auch den derzeitigen Wohnsitz anzugeben.
3. Bedachte des Erblassers
Rz. 6
Gleiches gilt für die Bedachten. Diese sollten ebenfalls mit Name, Vorname, Geburtsdatum und -ort versehen werden, und zwar unabhängig davon, ob der Bedachte Erbe, Vermächtnisnehmer oder Auflagenbegünstigter wird. Die Angabe des Wohnortes ist hier aber z.B. wichtiger als beim Erblasser, da die Bedachten im Erbfall erst ermittelt werden müssen, während der letzte Wohnort des Erblassers in der Regel feststeht. Darüber hinaus sind bei den Bedachten Informationen über das Umfeld und über bestimmte Eigenschaften einzuholen. Ist ein bedachter Abkömmling z.B. verschwenderisch, dann sollte ihm der Nachlass nicht zur freien Verfügung überlassen werden – es bietet sich eine Testamentsvollstreckung an. Ist der Bedachte verheiratet und will der Erblasser die Eventualität, dass sein Nachlass eines Tages an diesen Ehepartner fließen könnte, ausschließen, ist eine entsprechende Vorkehrung in der letztwilligen Verfügung, z.B. in Form einer Vor- und Nacherbschaft, anzuordnen.
II. Güterstand und Staatsangehörigkeit des Erblassers
Rz. 7
Neben der Auflistung der einzelnen Personen sind auch die Güterstände zu erfassen, da diese aus zivilrechtlicher Sicht Einfluss auf die Höhe der Erbquoten haben und auch steuerlich zu besonderen "Freibeträgen" im Erbschaftsteuerrecht führen können (§ 5 ErbStG).
Als weitere Vorfrage ist auch das anzuwendende Recht zu klären, welches sich für Erbfälle ab dem 17.8.2015 nach der EuErbVO richtet (vgl. § 26 Rdn 1 ff.). Für die Frage des anwendbaren Rechts ist hinsichtlich des Güterstandes auch die ab dem 29.1.2019 geltende EU-Güterrechtsverordnung zu beachten (vgl. § 26 Rdn 140 ff.).
Rz. 8
Im Rahmen der Frage nach den Güterständen ist darauf zu achten, dass die Ehegatten, die am 31.3.1953 im damaligen gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes gelebt hatten, zum 1.7.1958 in den neuen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft überführt wurden, es sei denn, einer der Ehegatten hat bis zum 30.6.1958 in notariell beglaubigter Form gegenüber dem Amtsgericht erklärt, dass für die Ehe weiter Gütertrennung gelten solle. Einer Zustimmung seitens des anderen Ehegatten bedurfte es dazu nicht (Art. 8 Abs. 1 Nr. 3 GleichberG v...