Rz. 15
Beispiel
Im Rahmen einer Teilungsversteigerung war im Zwangsversteigerungstermin nur der Ehemann anwesend. Nach den Versteigerungsbedingungen blieb eine Grundschuld von ca. 34.000,00 DM (valutiert mit ca. 20.000,00 DM) bestehen. Der Ehemann bot für das Grundstück einen Betrag von 2.000,00 DM. Nach Abschluss der Bietstunde verlangte er die sofortige Zuschlagserteilung auf seinen Namen, die dann auch erfolgte.
Rz. 16
Das BVerfG hob den Zuschlag wegen Verletzung des Grundrechts der antragstellenden Ehefrau aus Art. 3 GG wieder auf. Der Zuschlag für ein Objekt im Werte von 144.000,00 DM durfte nicht für ein Bargebot von 2.000,00 DM unter Übernahme einer Belastung von nur 34.000,00 DM erteilt werden. Hier sei die Unerfahrenheit der Ehefrau ausgenutzt worden. Das Versteigerungsgericht hätte den Zuschlag nicht sofort erteilen dürfen, vielmehr wäre ein Hinweis gem. § 139 ZPO erforderlich gewesen (die 5/10-Grenze nach § 85a ZVG ist erst mit Wirkung v. 1.7.1979 eingeführt worden).
Rz. 17
Beispiel
Die Berechtigte des Rechts III/2 ist bestrangig betreibende Gläubigerin. Die Grundschuld III/I bleibt nach den Versteigerungsbedingungen bestehen. Im Versteigerungstermin lässt sich die Gläubigerin durch ihren Sohn vertreten, der 10.250,00 DM bietet.
Der nachrangige Gläubiger des Rechts III/3 überbietet dies und bleibt mit 13.000,00 DM Meistbietender. Der Sohn und der Gläubiger des Rechts III/3 beantragen sofortige Zuschlagserteilung, der dann auch dem Gläubiger des Rechts III/3 erteilt wird.
Rz. 18
Das BVerfG hob den Zuschlagsbeschluss wieder auf, da sich in der Verhandlung über den Zuschlag die Vermutung aufdrängen musste, dass einer der Beteiligten die für ihn nachteiligen Folgen der Zuschlagserteilung, und zwar das Erlöschen des dinglichen Rechts des bestbetreibenden Gläubigers bei einem Meistgebot des nachrangigen Gläubigers, nicht erkannt hatte. Das Versteigerungsgericht hätte hier auf diese Rechtsfolgen hinweisen müssen.
Rz. 19
Mit dieser Entscheidung wurde erstmals nicht der schuldnerische Eigentümer, sondern der bestrangig betreibende Gläubiger geschützt. Ob allerdings das Verfahren tatsächlich unfair zuungunsten des betreibenden Gläubigers durchgeführt worden war, dürfte zweifelhaft sein, denn die Belehrung über die Versteigerungsbedingungen erfolgte bereits vor der Gebotsaufforderung. Wen, wann und zu welchem Zeitpunkt das Versteigerungsgericht durch konkrete Hinweise belehren muss, dürfte immer eine Einzelfallentscheidung sein.