Rz. 45

Bei mehreren Bevollmächtigten stellt sich – wie bei der Vertretung im Gesellschafterecht – die Frage, wie die Vertretungsbefugnis zu regeln ist; das Band ist breit, zwischen ausnahmslos jeder allein (Einzelvertretung) oder ausnahmslos immer alle bzw. zu zweit ("Vier-Augen-Prinzip"). In der Bandbreite sind diverse Differenzierungen möglich, insbes. nach der Person des Bevollmächtigten und nach dem Gegenstand der Bevollmächtigung. Für den Rechtsverkehr, für das Funktionieren der Vollmacht – somit auch für den Vollmachtgeber – ist eine im Außenverhältnis unbeschränkte Einzelvertretung zweckmäßig.[91] Ob das im Einzelfall passt, ist eine Frage des Vertrauens des Vollmachtgebers in den einzelnen Bevollmächtigten und zudem eine Frage des "Untereinander/Miteinander" zwischen den Bevollmächtigten. Wenn und soweit der Vollmachtgeber keine Einzelvertretung wünscht, sollte das ausdrücklich geregelt/klargestellt werden (sonst Auslegungsfrage!);[92] siehe dazu nachstehend inkl. Musterbaustein Rdn 46 ff.

 

Rz. 46

Bei mehreren einzelvertretungsberechtigten Bevollmächtigten sollte ausdrücklich geregelt werden, inwieweit den Bevollmächtigten auch das Recht zustehen soll, die Vollmacht des/der anderen Bevollmächtigten zu überwachen und ggf. auch zu widerrufen.[93] Bei Bevollmächtigung "auf einer Ebene" dürfte der gegenseitige Widerruf besser auszuschließen sein (anders bei einer Rangordnung unter den Bevollmächtigten: z.B. Partner vor Kindern; alternativ kommt bei der notariell beurkundeten Vollmacht eine sukzessive Ausfertigung in Betracht, siehe vorstehend Rdn 44).[94]

 

Rz. 47

Muster 1.7: Baustein Grundmuster – Widerruf bei mehreren Bevollmächtigten

 

Muster 1.7: Baustein Grundmuster – Widerruf bei mehreren Bevollmächtigten

(Standort im Grundmuster I und II: § 1 Abs. 1 anfügen oder wie im Musterbaustein Rdn 43 in § 1a)

Jeder Bevollmächtigte kann auch die mir gegenüber dem anderen Bevollmächtigten zustehenden Rechte ebenso geltend machen wie ein Kontrollbetreuer (§§ 1815 Abs. 3, 1820 Abs. 3 BGB). Hiervon ausgenommen ist das Recht zum Widerruf der Vollmacht.[95]

 

Rz. 48

Insbesondere bei unterschiedlicher Ausgestaltung von Einzel- und Gesamtvertretung im Außenverhältnis – in der notariellen Praxis mit einer Urkunde und Ausfertigungen für den Rechtverkehr – sollte schnell erkennbar sein, ob und ggf. wie ein Bevollmächtigter in der Vertretungsbefugnis beschränkt ist, sei es durch das Verbot von Schenkungen (siehe dazu im Grundmuster I und II § 2 Abs. 1, Rdn 8 und Rdn 9 und den Praxistipp Rdn 100), das Verbot des Selbstkontrahierens (siehe dazu mit Musterbaustein Rdn 61, 62) oder bspw. eine Gesamtvertretung. Versteckte Beschränkungen – wenn auch an systematisch richtiger Stelle – sind im Rechtsverkehr gefährlich. Die verschiedenen Themen einer Beschränkung/Befreiung haben in der Vollmachtsurkunde zwar ihren systematischen Platz. Das ist richtig so und dort muss die Beschränkung dann auch geregelt werden, weil sie der Kundige dort sucht. Hinweise zum Anfang der Urkunde helfen (siehe bereits den Hinweis in der Anmerkung (Fußnote) zu § 2 Abs. 1 im Grundmuster 1, Rdn 8, Fn 12). Besonders effektiv lässt sich dies über entsprechende Hinweise schon im "Rubrum" bzw. bei der Benennung des Bevollmächtigten erledigen. Diese Hinweistechnik birgt allerdings die Gefahr in sich, dass bei späteren Änderungen, die sich nicht selten auch erst während der Beurkundung ergeben, nur an einer Stelle geändert wird, nämlich an der relevanten systematischen Stelle und der Hinweis unverändert bleibt, so dass er falsch wird bzw. darin ein Widerspruch gesehen wird. Bei entsprechender – für den Rechtverkehr wünschenswerter – Hinweistechnik muss der Berater/Gestalter bei Änderungen aufpassen!

 

Rz. 49

Muster 1.8: Baustein Grundmuster – Vertretungsbefugnisse bei mehreren Bevollmächtigten (Einzelvertretung/Gesamtvertretung)

 

Muster 1.8: Baustein Grundmuster – Vertretungsbefugnisse bei mehreren Bevollmächtigten (Einzelvertretung/Gesamtvertretung)

§ 1

Vollmachtserteilung

(1) Hiermit erteile ich

1. (Einzelvertretung, siehe § 1a)

Herrn/Frau _________________________ geb. _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, wohnhaft _________________________,

2. (Gesamtvertretung, siehe § 1a)

Herrn/Frau _________________________ geb. _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, wohnhaft _________________________,

3. (Gesamtvertretung, siehe § 1a)

Herrn/Frau _________________________ geb. _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, wohnhaft _________________________,

4. (Gesamtvertretung, siehe § 1a)

Herrn/Frau _________________________ geb. _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, wohnhaft _________________________,

– nachfolgend "Bevollmächtigter" genannt –

Vollmacht, mich in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten und in allen persönlichen Angelegenheiten und sonstigen nicht-vermögensrechtlic...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge