a) Allgemeines
Rz. 78
Liegt im Rahmen der lebzeitigen Übertragung von Immobilienvermögen auf die nächste Generation ein entgeltlicher oder auch nur ein teilentgeltlicher Vorgang vor, hat dies regelmäßig weit reichende einkommensteuerliche Konsequenzen:
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Da die Anschaffungsnebenkosten (z.B. Notar- und Grundbuchkosten) auch bei teilentgeltlichen Übertragungen in voller Höhe dem entgeltlichen Teil zugerechnet werden, werden diese stets den Anschaffungskosten zugerechnet. |
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Die Schenkungsteuer stellt gem. § 12 Nr. 3 EStG keine Anschaffungskosten dar. |
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Ist der Übernehmer verpflichtet, eine Sachleistung als Entgelt zu erbringen, hat er Anschaffungskosten in Höhe des gemeinen Werts i.S.d. § 9 BewG (siehe § 8 Rdn 11 ff.>) des hingegebenen Wirtschaftsguts. |
b) Generierung von Abschreibungspotenzial
Rz. 79
Bei einer entgeltlichen Immobilienübertragung handelt es sich einkommensteuerlich um einen Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgang. Entsprechendes gilt in Höhe des tatsächlich steuerlich zu berücksichtigenden Werts der Gegenleistung bei teilentgeltlichen Überlassungen.
Rz. 80
Bei vermieteten Grundstücken kann der Erwerber in Höhe des Entgelts Anschaffungskosten gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG im Wege der Absetzung für Abnutzung bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen. So kann z.B. bei einem entgeltlichen Erwerb zu einem höheren als dem bisher erreichten Abschreibungswert neues Abschreibungspotenzial für den Erwerber generiert werden ("AfA-Step-up").
Hinweis
Um in Zweifelsfällen dem Finanzamt die Bemessungsgrundlage nachweisen zu können, sollte bei nahen Angehörigen zur Ermittlung des Verkehrswerts ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Auch zur Ermittlung der Restnutzungsdauer i.S.d. § 7 Abs. 4 EStG (maßgeblich für die Laufzeit der Abschreibung) bietet sich ein Sachverständigengutachten an.
Rz. 81
Für den unentgeltlichen Teil bemessen sich – wie beim Erwerb von Todes wegen grundsätzlich auch – die Absetzungen für Abnutzung nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers als dem Überlassenden, § 11d Abs. 1 EStDV. Der Erwerber tritt insoweit in die steuerliche Rechtsstellung des Veräußerers ein.
c) Umwidmung übernommener Verbindlichkeiten
Rz. 82
Übernimmt der Erwerber Verbindlichkeiten, die beim Überlassenden einkommensteuerlich nicht in Abzug gebracht werden konnten (z.B. Konsumenten-Darlehen), können diese in einkommensteuerrelevante Schulden umgewandelt werden, wenn und soweit der Übernehmer das betreffende Wirtschaftsgut dann zur Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte, z.B. aus Vermietung und Verpachtung, einsetzt.
d) Finanzierungskosten als Werbungskosten
Rz. 83
Auch Schuldzinsen, die mit der Finanzierung der Gegenleistung in Zusammenhang stehen, können im Fall der Vermietung durch den Erwerber als Werbungskosten in Ansatz gebracht werden, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG. Bei einer Darlehensgewährung im Rahmen einer Gegenleistung durch die übertragende Generation (Verkäuferdarlehen) unterliegen die Zinszahlungen nicht der Abgeltungsteuer, sondern werden mit der tariflichen Einkommensteuer besteuert, § 32d Abs. 2 EStG.
e) "Spekulationssteuer" bei Grundstücksveräußerungen
Rz. 84
§ 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG sieht vor, dass Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften von Grundstücken unter bestimmten Voraussetzungen der Einkommensbesteuerung unterliegen, wenn diese innerhalb von 10 Jahren nach ihrer Anschaffung veräußert werden (siehe § 12 Rdn 2 ff.>).
Rz. 85
Eine Besteuerung nach § 23 EStG greift grundsätzlich auch bei teilentgeltlichen Grundstücksübertragungen bzw. -veräußerungen, wobei der steuerpflichtige Gewinn dann nach dem Verhältnis des Entgelts zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsgutes zu ermitteln ist. Unbeachtlich ist, ob das Entgelt als Kaufpreis, durch Übernahme von Verbindlichkeiten, als Abstandszahlung oder als Gleichstellungsgeld geleistet wird.
f) Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Rz. 86
Bei einer entgeltlichen Grundstücksübertragung bzw. -veräußerung kommt es – anders als insbesondere bei einer Vereinbarung eines Vorbehaltsnießbrauchs – zu einem Wechsel der Zurechnung der Vermietungseinkünfte. Durch die Verlagerung von Mieteinkünften auf die jüngere Generation lassen sich in der Gesamtschau teils zusätzliche Progressionsvorteile erzielen, mithin ein "Familiensplitting" gestalten.
Hinweis
Die Zurechnung von Einkünften kann stets auch Auswirkungen in anderen Bereichen haben (z.B. im Rahmen der Krankenversicherung, der Beihilfe oder des "BAföG").
g) Unverzinsliche Stundung von Gegenleistungen
Rz. 87
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge werden Gegenleistungen in Form von Geldleistungen (z.B. Abstands- oder Gleichstellungsgelder, siehe Rdn 65 ff.>) regelmäßig unverzinslich gestundet.
aa) Einkommensteuerliche Folgen einer unverzinslichen Stundung
Rz. 88
Bei einer unverzinslichen Stundung, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und nach der die Fälligkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt eintritt, liegen gem. § 13 Abs. 3 S. 1 BewG Anschaffungskosten (nur) in Höhe des abgezinsten Gegenwartswerts vor. Da hierbei gem. § 13 A...