I. Grunderwerbsteuer
1. Grundsatz der Steuerfreiheit der Schenkung
Rz. 47
Wird ein Grundstück geschenkt, bleibt der Grundstückserwerb bei dem bzw. den Beschenkten nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG grunderwerbsteuerfrei.
2. Schenkung unter Auflage, gemischte Schenkung
Rz. 48
Sofern keine Steuerbefreiung nach § 3 GrEStG greift, unterliegt eine Schenkung unter einer Auflage oder eine gemischte Schenkung hinsichtlich des Anteils der Grunderwerbsbesteuerung, der bei der Schenkungsteuer abziehbar ist, § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG. Eine Schenkung unter einer Auflage i.S.d. § 525 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Leistung des Beschenkten nicht für die Zuwendung, sondern auf der Grundlage und aus dem Wert der Zuwendung erfolgen soll. Die Regelung bezweckt die Vermeidung einer Doppelbesteuerung mit Schenkung- und Grunderwerbsteuer, wobei ein Vorrang der Schenkungsteuer besteht. Die Erhebung einer Schenkungsteuer verdrängt mithin stets die Erhebung einer Grunderwerbsteuer, was auch dann gilt, wenn z.B. wegen ausreichend vorhandener Freibeträge keine Schenkungsteuer anfällt.
Rz. 49
"Gegenleistungen" (z.B. Vorbehaltsnießbrauch) unterliegen mithin der Grunderwerbsteuer. Beim Vorbehaltsnießbrauch bzw. Wohnrecht ist bei der Bemessungsgrundlage dabei folgendes zu beachten: Die Bewertung von lebenslänglichen Nutzungen ermittelt sich wie bei der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung nach §§ 13 ff. BewG (siehe Rdn 7 ff.>). Die Deckelung des Jahreswerts (und damit der Grunderwerbsteuerschuld) auf das 18,6-tel des Steuerwerts nach § 16 BewG (siehe Rdn 16>) greift gem. § 17 Abs. 3 S. 2 BewG bei der Grunderwerbsteuer nicht.
Rz. 50
Besteht eine Verpflichtung des Erwerbers, ab Erlöschen des Nießbrauchs noch bestehende Verbindlichkeiten zu übernehmen, erhöht sich die Gegenleistung und damit die Bemessungsgrundlage um die Höhe der Verbindlichkeiten. Es handelt sich bei der Übernahme der Verbindlichkeit um eine Bedingung i.S.d. § 14 Nr. 1 GrEStG, es entsteht mithin eine erhöhte Grunderwerbsteuer, wobei die Schenkungsteuer auf den unentgeltlichen Teil zu reduzieren ist.
Rz. 51
Die Steuersätze betragen je nach Bundesland zwischen 3,5 % und 6,5 % (siehe § 4 Rdn 99>).
3. Steuerbefreiung für Angehörige
Rz. 52
In der Praxis greift im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge regelmäßig die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gem. § 3 GrEStG (siehe Rdn 47>). Bei Erwerben durch Personen (oder deren Ehegestatten oder eingetragenen Lebenspartnern), die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind oder deren Verwandtschaft durch die Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen ist, fällt gem. § 3 Nr. 6 S. 1 GrEStG keine Steuer an. Der Befreiungstatbestand gilt auch für Erwerbe durch Stiefkinder, § 3 Nr. 6 S. 2 GrEStG.
Rz. 53
Ferner ist der Grundstückserwerb durch den Ehegatten/Lebenspartner grunderwerbsteuerfrei, § 3 Nr. 4 GrEStG. Gleiches gilt gem. § 3 Nr. 5 bzw. Nr. 5a GrEStG bei Erwerben durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung bzw. Aufhebung der Lebenspartnerschaft.
Auch Erwerbe von Grundstücken bei (erstmaliger) Erbauseinandersetzung sind gem. § 3 Nr. 3 GrEStG befreit (siehe § 4 Rdn 73>).
4. Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerb eines Grundstücks von Geschwistern im Rahmen der (Neu-)Gestaltung der vorweggenommenen Erbfolge
Rz. 54
Regelmäßig übertragen Eltern Immobilien aus zunächst rein erbschaftsteuerlichen Motiven unter Nießbrauchsvorbehalt auf Kinder. Soll eine solche Überlassung dann später im Lichte zwischenzeitlicher Verteilungsüberlegungen korrigiert werden, stellen sich neben schenkungsteuerlichen insbesondere auch grunderwerbsteuerliche Fragen.
Rz. 55
Erhält das vormals beschenkte Kind 1 später eine weitere schenkweise Zuwendung (z.B. Grundstück) mit der Auflage, das ursprüngliche unter Nießbrauchsvorbehalt geschenkte Grundstück bzw. seinen Miteigentumsanteil hieran an das Kind 2 herauszugeben, handelt es sich bezüglich des herauszugebenden Grundstücks schenkungsteuerlich um eine Zuwendung der Eltern an das Kind 2, die bei Kind 1 erwerbsmindern zu berücksichtigen ist.
Rz. 56
Nach Ansicht des BFH unterliegt die Erfüllung der Auflage nicht der Grunderwerbsteuer: Zwar ist das herauszugebende Grundstück mit einem Nießbrauch belastet, es liegt mithin eine Schenkung unter einer Auflage vor, die nach § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG mit dem Wert der Auflage der Grunderwerbsteuer unterliegt (siehe Rdn 48>), wobei das Gesetz eine Steuerbefreiung für Geschwister nicht vorsieht (siehe Rdn 53>). Allerdings handelt es bei dem tatsächlich verwirklichten Grundstückserwerb zwischen den Geschwistern lediglich um einen abgekürzter Übertragungsweg (statt der Übertragung von Kind 1 an Eltern und anschließender Schenkung der Eltern an Kind 2). Diese unterbliebenen Zwischenerwerbe als Über...