I. Zugewinnehen
Rz. 141
Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ändert nichts an den Eigentumsverhältnissen der Eheleute/Lebenspartner am Vermögen, § 1363 Abs. 2 BGB. Wird der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet, gehört die Ausgleichsforderung i.S.d. § 1378 BGB nicht zum schenkungsteuerpflichtigen Erwerb, § 5 Abs. 2 i.V.m. § 7 ErbStG. In der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuergestaltung eröffnet dies für Zugewinnehen diverse Gestaltungsmöglichkeiten.
Rz. 142
Mit der Aufhebung des gesetzlichen Güterstands geht grundsätzlich eine Reduzierung der Erb-/Pflichtteilsquoten gem. § 1931 Abs. 1 BGB einher. Diese Rechtsfolge kann durch eine sog. Güterstandsschaukel vermieden werden (siehe Rdn 154 ff.>).
II. Berechnung des Zugewinnausgleichs
Rz. 143
Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs kommt es bei lebzeitigen Zuwendungen zwischen den Eheleuten – anders als im Erbfall (siehe § 3 Rdn 82>) – zu keiner Abweichung zu den zivilrechtlichen Regeln nach den §§ 1373 ff. BGB. Es greift hier beispielsweise auch die Vermutung des § 1377 Abs. 3 BGB, wonach das Endvermögen eines Ehegatten seinen Zugewinn darstellt, soweit kein Verzeichnis aufgenommen ist.
Rz. 144
Beim lebzeitigen Ausgleich des Zugewinns entfällt eine auf einen anrechenbaren Vorausempfang i.S.d. § 1380 BGB entrichtete Schenkungsteuer mit Wirkung für die Vergangenheit, § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, und führt zu einer nachträglichen Änderung des Schenkungsteuerbescheids gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Löst eine Zuwendung zwischen Ehegatten (z.B. mangels Anerkennung der Steuerbefreiung eines Familienheims gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG (siehe § 6 Rdn 4 ff.>) eine überraschende Schenkungsbesteuerung aus, kann diese im Wege des Zugewinnausgleichs "storniert" werden. Dies gilt allerdings nicht für eine etwaige Strafbarkeit (siehe § 16 Rdn 7>).
Rz. 145
Bei Berechnung des erbschafsteuerfreien fiktiven Zugewinnausgleichs i.S.d. § 5 Abs. 1 ErbStG wird gem. § 5 Abs. 1 S. 6 ErbStG eine nicht gerechtfertigte Doppelbegünstigung des überlebenden Ehegatten beseitigt, die dadurch entsteht, dass bei der Berechnung der Ausgleichsforderung nicht berücksichtigt wurde, ob für das im Endvermögen enthaltene Nachlassvermögen erbschaftsteuerliche Steuerbefreiungen gewährt wurden (siehe § 3 Rdn 82>). Ein Zugewinnausgleich zu Lebzeiten i.S.d. § 5 Abs. 2 ErbStG ist von dieser Regelung nicht erfasst.
III. Vertragliche Modifikation des Zugewinnausgleichsanspruchs
Rz. 146
Grundsätzlich gilt die Steuerbefreiung der Zugewinnausgleichsforderung i.S.d. § 5 Abs. 2 ErbStG auch für eine durch (wirksamen) Ehevertrag gem. § 1408 BGB oder (wirksame) Scheidungsfolgenvereinbarung gem. § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB modifizierte Ausgleichsforderung. Eine einem Ehegatten durch eine solche Vereinbarung verschaffte überhöhte Ausgleichsforderung stellt nach Ansicht der Finanzverwaltung eine Schenkung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) dar, wenn mit der Vereinbarung in erster Linie nicht güterrechtliche, sondern erbrechtliche Wirkungen herbeigeführt werden sollen.
Rz. 147
Die Finanzverwaltung nimmt grundsätzlich eine überhöhte Ausgleichsforderung an, soweit die Vereinbarung der Parteien beispielsweise durch Vereinbarung eines vor dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses liegenden Beginns des Güterstands oder eines abweichenden Anfangsvermögens die sich ohne Modifizierung ergebende Ausgleichsforderung übersteigt. Es kommt also dann zu einer Steuerbarkeit des überhöhten Forderungsteils beim bereicherten Ehegatten als Schenkung unter Lebenden, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Aus der rückwirkenden Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft allein ergibt sich keine erhöhte güterrechtliche Ausgleichsforderung (siehe Rdn 148>).
IV. Rückwirkende Vereinbarungen
Rz. 148
Anders als bei der Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch die erbrechtliche Abwicklung gem. § 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG (siehe § 3 Rdn 82>) besteht beim lebzeitigen Güterstandswechsel kein Rückwirkungsverbot. Vereinbaren die in Gütertrennung lebenden Eheleute den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft rückwirkend ab Beginn der Ehe, findet nach Auffassung der Finanzverwaltung die Schenkungsteuerbefreiung des § 5 Abs. 2 ErbStG auf die (gesamte) Ausgleichsforderung Anwendung. Ein im Rahmen der Vereinbarung der Gütertrennung ausgeglichener Zugewinn steht allerdings nicht nochmal zur Verfügung.
V. Verzicht auf den Zugewinnausgleichsanspruch
Rz. 149
Verzichtet der berechtigte Ehegatte (teilweise) auf den geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruch, sieht die Finanzverwaltung, sofern Bereicherung und Wille zur Unentgeltlichkeit gegeben sind, darin (teilweise) eine steuerpflichtige Schenkung unter Lebenden an den verpflichteten Ehegatten. Erhält der Verzichtende eine Abfindung, ist diese als Surrogat der Ausgleichsforderung wiederum schenkungsteuerfrei.
Rz. 150
Eine steuerpflichtige freigiebige Zuwendung liegt ebenfalls vor, wenn im Rahmen der ehevert...