Rz. 272
& Übergabe
Zur Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe einerseits und zur Erlangung der landwirtschaftlichen Altersrente andererseits ist die vorweggenommene Erbfolge das regelmäßige Gestaltungsmittel der Nachfolgeplanung. Gleichzeitig werden umfangreiche Versorgungsleistungen (Wohnungsrecht mit geregelter Lastentragung, Pflege- und Dienstleistungen, Verköstigung, Versorgungszahlungen sowie die Übernahme der Beerdigungskosten und der Grabpflege) zugunsten der Übergeber vereinbart. Diese Versorgungsleistungen enden mit dem Tode des längstlebenden Übergebers.
Besonderheiten für die Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ergeben sich im Geltungsbereich der Höfeordnung, also in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Sonderbestimmungen ergeben sich auch in Rheinland-Pfalz (Gesetz über die Höfeordnung) sowie in Bremen (Höfegesetz), desgleichen in Baden-Württemberg (Badisches Hofgütergesetz) sowie in Hessen (Hessische Landgüterordnung). In den Ländern Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestehen keine landesrechtlichen Sonderregelungen, so dass ausschließlich die Bestimmungen des BGB, insbesondere die §§ 2049 und 2312 BGB, zur Anwendung gelangen.
Rz. 273
& Vertragsobjekt
Vertragsobjekt ist nicht nur der landwirtschaftliche Grundbesitz im engeren Sinne, sondern darüber hinaus alle für den Betrieb der Landwirtschaft erforderlichen beweglichen und unbeweglichen Sachen einschließlich des Inventars, der Vorräte und Lebensmittel. Auch die mit dem Betrieb verbundenen Rechte (Kontingente, Genossenschaftsanteile, Mitgliedschaftsrechte) sind hiervon betroffen.
Für die Übergeber empfiehlt es sich keinesfalls, Teile des landwirtschaftlichen Betriebs zurückzuhalten. Dies kann zum einen Auswirkungen auf die Altersrente der Übergeber haben, zum anderen kann die Zurückbehaltung von Gegenständen des Betriebsvermögens zu erheblichen Entnahmegewinnen führen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass bei einem Rückbehalt von Grundstücken die erforderliche Genehmigung des Übertragungsvertrags nach dem Grundstückverkehrsgesetz versagt wird.
Um im Vorfeld derartige Risiken auszuschließen, ist es empfehlenswert, dem Übernehmer eine transmortale Vollmacht, unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, zu erteilen, damit etwaige "vergessene" Gegenstände des Betriebsvermögens (Grundstücke, Rechte, bewegliche Sachen) noch im Nachhinein durch Übertragung zum landwirtschaftlichen Betrieb gezogen werden können.
Rz. 274
& Auflassungsvormerkung
Siehe Rdn 207.
Rz. 275
& Mängelhaftung
Es empfiehlt sich, eine Haftung für das Nichtbestehen altrechtlicher Dienstbarkeiten auszuschließen. Desgleichen soll der Übernehmer nicht für rückständige Grundsteuern und öffentliche Abgaben einstehen müssen. Einer Klarstellung bedarf stets die Frage der Tragung der Erschließungs- und Anliegerkosten, und zwar auch insoweit, als es sich um noch nicht abgerechnete Anlagen handelt. Die Regelung im Vertrag vermeidet späteren Streit.
Rz. 276
& Leibgeding (siehe auch Rdn 51 ff.)
Vorliegend handelt es sich um einen typischen Leibgedingvertrag, der sich aus der ehemals klassischen Familienstruktur der ländlichen Großfamilie und ihren üblichen Versorgungsstrukturen herausgebildet hat. Hinzuweisen ist auf die im Rahmen von Art. 96 EGBGB geschaffenen landesrechtlichen Vorschriften, die spezielle Regeln, insbesondere bei Leistungsstörungen, aufgestellt haben.
Das Wesen des Leibgedings ist die Zusammenfassung verschiedener typischer Übergeberrechte (Inbegriff dinglich gesicherter Nutzungen sowie Sach- und Dienstleistungen). Aus Gründen der Ökonomie kann dieses "Bündel" von typischen Versorgungsleistungen gem. § 49 GBO zusammengefasst als "Altenteil" oder "Leibgeding" eingetragen und insoweit auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. In der Eintragungsbewilligung selbst müssen die einzelnen Rechte konkretisiert sein.
Typischer Bestandteil eines Leibgedings ist die Verpflichtung zur Gewährung von Wohnung. In Betracht kommt das Wohnungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit gem. § 1093 BGB.
Wenn die Parteien regeln wollen, dass die Übergeber andere, rechtlich selbstständige Grundstücke mitbenutzen dürfen, ist die Eintragung eines Wohnungsrechts nicht möglich. Für derartige Mitbenutzungsrechte können beschränkte persönliche Dienstbarkeiten gem. § 1090 BGB bestellt werden.
Neben der Vereinbarung eines dinglichen Wohnungsrechts empfiehlt sich die zusätzliche Festlegung einer Wohnungsrechtsreallast, die beispielsweise im Falle der Zerstörung eines Gebäudes die generelle Verpflichtung zur Gewährung von Wohnraum beinhaltet (vgl. im Übrigen Rdn 224 ff.).
Entsprechend der umfassenden Absicherung der Übergeber hat der Übernehmer im Muster alle im Zusammenhang mit dem Wohnen der Übergeber anfallenden Kosten und Reparaturen, mit Ausnahme der Schönheitsreparaturen, zu übernehmen. Diese umfassenden Übernehmerleistungen gleichen die häufig schmale ...