Rz. 81
Die Überleitung von Ansprüchen nach dem SGB XII ist brisant und kann sich bei der Gestaltung von Übergabeverträgen als "Beraterfalle" entpuppen. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe, § 2 Abs. 1 SGB XII, sollte im Hinblick auf §§ 93, 94 SGB XII stets im Auge behalten werden.
Überleitungsfähig (innerhalb der Zehnjahresfrist des § 529 Abs. 1 BGB) ist insbesondere der Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers, § 528 BGB. Hierbei ist es unerheblich, ob eine reine Schenkung, eine gemischte Schenkung oder eine Schenkung unter einer Auflage vorliegt. Um zu prüfen, ob ein Anspruch auf Herausgabe wegen Notbedarfs gegeben ist, sei auf das Prüfungsschema in ZEV 2005, 102, 103 verwiesen. Es ist daher bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass möglichst viele Gegenleistungen vereinbart werden, die den Schenkungswert mindern. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass zwischen verschiedenen Regressmöglichkeiten Wechselwirkungen bestehen können. Auf der einen Seite mindern viele Gegenleistungen den Wert der Schenkung, gleichzeitig besteht die Gefahr, dass auf diese zugegriffen wird. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei Gleichstellungsgeldern an weichende Geschwister zur Abgeltung von deren Erb- und Pflichtteilsrechten um Schenkungen. Auf diese kann ebenfalls nach § 528 BGB zugegriffen werden, § 93 SGB XII. Gemäß § 528 Abs. 2 BGB haftet bei mehreren Beschenkten der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist. Wurden mehrere Personen gleichzeitig beschenkt, besteht zwischen diesen eine gesamtschuldnerartige Beziehung. Dies bedeutet, dass für den Fall, dass ein Beschenkter in Anspruch genommen wird, ein Ausgleichsanspruch gem. § 426 BGB besteht. Dies führt dazu, dass der Schenker bzw. das Sozialamt sich darauf beschränken kann, lediglich einen Beschenkten in Anspruch zu nehmen. Diesem wiederum stehen dann Ausgleichsansprüche gegen die weiteren Beschenkten zu. Ein derartiger Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers besteht nach Überleitung auf den Sozialhilfeträger grundsätzlich auch dann, wenn der geschenkte Gegenstand, wäre er beim Schenker verblieben, Schonvermögen gewesen wäre. Nach einer Entscheidung des BGH ist es ebenfalls möglich, einen Anspruch nach § 528 BGB auch noch nach dem Tod des Übergebers überzuleiten.
Sinn und Zweck der Rückforderung gem. § 528 BGB ist es, den Übergeber in die Lage zu versetzen, seinen angemessenen Unterhalt wieder selbst zu bestreiten, damit er nicht mehr der Allgemeinheit zur Last fällt. Eine Rückforderung der Schenkung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Eltern ins Heim kommen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anspruch auf Rückforderung nicht erst mit der Überleitungsanzeige des Trägers der Sozialhilfe entsteht, sondern bereits mit Eintritt der Bedürftigkeit des Schenkers. Dies wiederum bedeutet, dass das verschenkte Vermögen unabhängig vom Willen des Schenkers materiell-rechtlich mit der Pflicht belastet ist, erbrachte Sozialleistungen zu erstatten, und zwar in den Grenzen der Haftung aus der Vorschrift des § 528 BGB dem Sozialhilfeträger gegenüber.
Rz. 82
In den Fällen, in denen sich Leistung und Gegenleistung entsprechen, liegt keine Schenkung vor. Handelt es sich um eine gemischte Schenkung, besteht ein objektives Missverhältnis zwischen Zuwendung und Gegenleistung. Der überschießende Teil der Zuwendung soll unentgeltlich übergehen. Besteht zwischen Übergeber und Übernehmer ein Verwandtschaftsverhältnis, ist bei der Gegenüberstellung von Leistung und Gegenleistung zu berücksichtigen, dass Gefälligkeitspreise üblich sind. In diesem Zusammenhang wird lediglich ein "grobes Missverhältnis" zwischen Leistung und Gegenleistung verlangt. Eine gemischte Schenkung liege demgemäß nicht vor, wenn als Gegenleistung etwa ⅔ des Schenkungswerts erbracht würden. Nach weiterer Ansicht müsse der Wert der Gegenleistung mindestens 75 % betragen, um eine Schenkung auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des OLG Hamm wird auch dann eine gemischte Schenkung verneint, wenn ein Mehrwert von 32,55 % vorliegt. Nach dieser Ansicht ist von einer gemischten Schenkung nur dann auszugehen, wenn der unentgeltliche Teil überwiegt. Dies sei dann anzunehmen, "wenn der Wert der Gegenleistung weniger als die Hälfte des effektiven Werts des Geschenks beträgt". Geht der Sozialhilfeträger von einer (gemischten) Schenkung aus und will er diesen Schenkungsanspruch auf sich überleiten, trägt er hierfür die Beweislast.
Eine Schenkung liegt nicht vor, wenn die Gegenleistungen den Wert der Zuwendung übersteigen. Wohn- und Nießbrauchsrechte werden hierbei mit ihrem Kapitalwert (Anlage 1 zu § 14 Abs. 1 S. 4 BewG) zugrunde gelegt. Wurden seitens des Übernehmers in der Vergangenheit Dienst- oder sonstige Leistungen erbracht, können diese nur dann entgegengehalten werden, wenn es sich bei der Zuwendung nach dem Willen der Parteien um eine Entlohnung ha...