Rz. 116
Wird ein Einzelunternehmen übertragen, ist dieser Vorgang grundsätzlich unentgeltlich, sofern der Übernehmer keine Gegenleistungen erbringt, wobei die Übernahme betrieblicher Verbindlichkeiten i.d.R. keine Gegenleistung darstellt. Der Übernehmer führt die Buchwerte fort, § 6 Abs. 3 S. 1 EStG. Für den Übergeber bedeutet dies, dass er keinen Veräußerungsgewinn erzielt. Dies hat zur Konsequenz, dass der Übernehmer keine Anschaffungskosten hat, die über den Wert des Übergabeobjekts hinausgehen. Der Übernehmer übernimmt somit im Umfang der stillen Reserven eine latente Steuerbelastung. Werden diese stillen Reserven zu einem späteren Zeitpunkt aufgedeckt, führt dies daher zu einer Steuerbelastung beim Übernehmer. Daher führt die Buchwertfortführung häufig nur zu einer zeitlichen Verschiebung der Besteuerung stiller Reserven, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgedeckt werden. Gleichzeitig ist die Buchwertführung mit einem Verzicht auf höhere Abschreibungen auf abnutzbare Wirtschaftsgüter für den Erwerber verbunden.
Rz. 117
§ 6 Abs. 3 S. 1 EStG bezieht sich auf die Übertragung eines Betriebs. Hierbei handelt es sich um einen Sammelbegriff der zu betrieblichen Zwecken dienenden Wirtschaftsgüter. Es müssen alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Übernehmer übergehen, damit dieser die Buchwerte fortführen kann. Werden beispielsweise nur bewegliche Gegenstände übertragen, hingegen das Betriebsgrundstück, d.h. ein wesentliches Wirtschaftsgut, zurückbehalten, handelt es sich um einen Entnahmetatbestand, der zur Aufdeckung stiller Reserven und damit zur Einkommensteuerbelastung führt. Wesentliche Wirtschaftsgüter sind hierbei solche, ohne die der Betrieb nicht geführt werden kann. Nicht zu den wesentlichen Wirtschaftsgütern gehören beispielsweise Kundenforderungen oder untergeordnete Flächen. Deren Zurückbehaltung durch den Übergeber ist daher möglich. Es ist somit entscheidend, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen, um eine Betriebsaufgabe zu vermeiden, die zur Realisierung der stillen Reserven führen würde.
Rz. 118
Für den Fall, dass der Übergeber das 55. Lebensjahr erreicht hat oder dauernd berufsunfähig ist und es zu einer Betriebsaufgabe kommt, wäre der Aufgabegewinn ermäßigt zu versteuern, §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 3 EStG. Zum einen wird ein Freibetrag gewährt, dessen Höhe ggf. auf Null abschmilzt. Daneben unterliegen Gewinne bis zu 5 Mio. EUR einem ermäßigten Steuersatz. Dieser beträgt 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes. Beim Übernehmer wirkt sich die Betriebsaufgabe positiv aus. Er erwirbt die Vermögensgegenstände mit dem gemeinen Wert. Somit wäre ein etwaiger späterer Veräußerungsgewinn, der in seiner Person eintritt, geringer. Daneben verfügt er über höhere Abschreibungen. Unter Umständen können Teile des Übergabeobjekts für die Zukunft dauerhaft im Privatvermögen gehalten werden.