Rz. 90
Beim "einfachen" Versorgungsvertrag, bei dem die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen nicht durch die besonderen landesrechtlichen Vorschriften bestimmt werden, weil die Übergabe mit einer dauerhaften Existenzsicherung nicht verbunden ist, bleibt es ohne die vorbezeichneten Spezialregelungen regelmäßig bei der Anwendung der §§ 93, 94 SGB XII i.V.m. den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) und einer ergänzenden Vertragsauslegung bzw. § 242 BGB, durch welchen eine Anpassung der vertraglich zugesagten Versorgungsrechte an die geänderten Umstände grundsätzlich möglich ist. An die Stelle von Nutzungsrechten oder Dienstleistungen tritt demgemäß bei einer Heimunterbringung u.U. eine Geldrente, die überleitungsfähig ist. Die bisherige Rechtsprechung greift hier zur Vereinfachung mitunter auf die landesrechtlichen Leibgedingvorschriften zurück, so dass die dort niedergelegten Grundsätze Maßstab dafür sein sollen, wann eine wesentliche Veränderung der Leistungspflichten eintritt und welche Rechtsfolgen hieraus entstehen.
Rz. 91
Ist die Ausübung des Wohnungsrechts aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauerhaft unmöglich, erlischt es, da es in diesem Falle niemandem mehr einen Vorteil bietet. Allerdings genügt die dauernde Unmöglichkeit der Ausübung durch den Wohnungsberechtigten hierfür nicht. War ein dingliches Wohnungsrecht vereinbart, nahm die Rechtsprechung daher bis zum 9.1.2009 an, dass der Anspruch aus dem dinglichen Wohnungsrecht in einen Vergütungsanspruch in Höhe der durch eine Vermietung erzielbaren Erträge umgewandelt wird. Nach dem Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahre 2009 kommt grundsätzlich eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, und zwar für den Fall, dass die schuldrechtliche Vereinbarung über die Bestellung des Wohnungsrechts keine Regelung enthält, wie die Wohnung zu nutzen ist, wenn der Wohnungsberechtigte seine Rechte wegen seines Umzugs in ein Pflegeheim nicht mehr ausüben kann. Im Zweifel wird allerdings eine Verpflichtung zur Vermietung durch den Eigentümer bzw. die Gestattung der Vermietung durch den Wohnungsberechtigten dem Parteiwillen nicht entsprechen.
Unter Umständen kann die ergänzende Vertragsauslegung zu einer Beteiligung des Erwerbers an den Pflegeheimkosten führen, und zwar in Höhe der durch den Auszug ersparten Aufwendungen. Auch im Falle der Bedürftigkeit des Wohnungsberechtigten lässt sich jedoch auch aus § 242 BGB kein Anspruch auf Gestattung der Vermietung gegenüber dem Eigentümer herleiten.
Rz. 92
Dies bedeutet, dass die Vereinbarung eines Wohnungsrechts nicht zwangsläufig zur Umwandlung in eine überleitbare Geldrente führt. Vielmehr bedarf es einer Auslegung im Einzelfall.
Rz. 93
In den Fällen, in denen ein Wegzug nicht bedacht wurde bzw. für den Fall, dass die Parteien angenommen haben, mit dem Auszug erlösche das Wohnungsrecht, ist eine ergänzende Vertragsauslegung möglich. In diesem Zusammenhang ist jedoch nach der Rechtsprechung darauf abzustellen, was die Parteien bei Abwägung der beiderseitigen Interessen und in Kenntnis der Regelungslücke nach Treu und Glauben vereinbart hätten. Unter Umständen kann einiges dafür sprechen, dass der Eigentümer berechtigt sein soll, die Wohnung zu vermieten. Führt die Auslegung zu einem derartigen Ergebnis, besteht ein Anspruch auf Herausgabe der vereinnahmten Miete seitens des Berechtigten. Ein derartiger Anspruch wäre als Einkommen einzusetzen. Nach der Rechtsprechung stellt allerdings eine Verpflichtung des Eigentümers zur Vermietung nicht den Regelfall dar. Im Übrigen sei es auch abzulehnen, dass eine eigene Nutzung oder eine Nutzung durch nahe Familienangehörige dazu verpflichte, ein Nutzungsentgelt zu bezahlen.
Offen ist noch die Frage, was passiert, wenn der Eigentümer, nachdem der Wohnungsberechtigte die Wohnung verlassen hat, weitervermietet. Die Rechtsprechung stellt darauf ab, ob die Nutzungen dem Wohnungsberechtigten aus dem Grund zuzuweisen sind, weil der Wohnungsberechtigte gegenüber dem Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung der Vermietung hat. Liegt eine derartige Vereinbarung allerdings nicht vor, ist der Eigentümer nicht verpflichtet, eine Vermietung zu gestatten. Liegen keine weiteren besonderen Umstände vor, kann auch aus § 242 BGB eine solche Pflicht ebenfalls nicht hergeleitet werden.
Rz. 94
Zusammenfassend ist zu sagen: Beim Wohnungsrecht handelt es sich grundsätzlich um ein höchstpersönliches Nutzungsrecht. Daher ist der Eigentümer bei unklarer Rechtslage nicht zur Vermietung an einen Dritten verpflichtet. Eine Überleitung des Zahlungsanspruchs kommt auch dann nicht in Betracht, wenn der Eigentümer die Wohnung nach dem Auszug des Wohnungsberechtigten selbst nutzt oder sie nahen Angehörigen zur Nutzung überlässt.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nicht das Wohnungsrecht selbst übergeleitet wird, sondern nur der Zahlungsanspruch aus dem Wohnungsrecht. Hieraus folgt, dass die Wohnung auch vermietbar sein muss.
Gr...