Rz. 125

Der dritte Anpassungsfall ist die Anpassung wegen Todes (§§ 37 f. VersAusglG). Diese Fallgruppe gab es auch schon im früheren Recht (§ 4 VAHRG a.F.). Sie geht auf die Rechtsprechung des BVerfG zurück, dass der Versorgungsausgleich nur dann verfassungsgemäß ist, wenn die dem Ausgleichspflichtigen genommenen Anrechte auch tatsächlich dem Ausgleichsberechtigten zugute kommen. Das Gericht hatte deswegen verlangt, dass in den Fällen, in denen der Ausgleichsberechtigte vor der Inanspruchnahme von Leistungen aus den übertragenen Anrechten oder nach nur relativ kurzem Leistungsbezug stirbt, die Wirkungen des Versorgungsausgleichs wieder rückgängig gemacht werden müssen.[72]

 

Rz. 126

Durch die Reform wurden allerdings die Voraussetzungen und Folgen der Anpassung wegen Todes erheblich verändert. Das betrifft v.a.:

die Dauer, bis zu der die Inanspruchnahme von Leistungen noch als kurz angesehen werden kann (siehe dazu Rdn 132 ff.),
die Berücksichtigung von Leistungen der Hinterbliebenenversorgung (siehe dazu Rdn 131),
den Wirkungszeitpunkt der Anpassung (siehe dazu Rdn 152 ff.),
den Rückausgleich der vom Ausgleichsberechtigten erworbenen Anrechte (siehe dazu Rdn 143 ff.),
die Auswirkungen der Anpassung auf Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten (siehe dazu Rdn 146).
 

Rz. 127

Das heutige Anpassungsrecht wegen Todes gilt für alle Anträge, die nach dem 31.8.2009 gestellt wurden und werden (vgl. § 49 VersAusglG), gleichgültig, ob es sich bei der anzupassenden Entscheidung um eine solche nach dem alten oder nach dem neuen Versorgungsausgleichsrecht handelt.

[72] BVerfG BVerfGE 53, 257 = FamRZ 1980, 326 [BVerfG 28.2.1980 – 1 BvL 17/77].

1. Voraussetzungen der Anpassung

 

Rz. 128

Die Voraussetzungen für die Anpassung wegen Todes sind ggü. dem früheren Recht deutlich gelockert worden. Voraussetzungen sind jetzt:

Der Ausgleichsberechtigte ist gestorben (§ 37 Abs. 1 VersAusglG).
Bei dem im Versorgungsausgleich erworbenen Recht handelt es sich um ein solches nach § 32 VersAusglG.
Der Ausgleichsberechtigte hat die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen (§ 37 Abs. 2 VersAusglG).
 

Rz. 129

Wie im früheren Recht völlig unproblematisch ist der Fall, dass der Ausgleichsberechtigte verstorben ist, bevor er überhaupt eine Invaliditäts- oder Altersrente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen hat. Eine Einschränkung der Anpassung kann sich hier nur in solchen Fällen ergeben, in welchen der Ausgleichspflichtige den Tod des Ausgleichsberechtigten vorsätzlich verursacht hat, denn § 105 SGB VI schließt auch eine Rente wegen Todes in diesen Fällen aus. Dieser Gedanke sollte entsprechend auch für die Anpassung gelten.[73]

 

Rz. 130

 

Hinweis

Abweichend vom früheren Recht spielt es keine Rolle mehr, ob aus den Rechten, welche dem verstorbenen Ausgleichsberechtigten übertragen oder für ihn begründet wurden, noch Hinterbliebenenleistungen fließen. Während nach dem bisherigen Recht die Witwer- und die Waisenrente, die an die Hinterbliebenen des Ausgleichsberechtigten gezahlt wurden, in die Berechnung des Grenzbetrags eingerechnet wurden, bleiben diese Zahlungen (die auch nach einer Anpassung geleistet werden, vgl. Rdn 146) außer Betracht. Das kann dazu führen, dass auch in Altfällen nun ein Anpassungsantrag gestellt werden kann, weil die Voraussetzungen der Anpassung erheblich hinter denen des bisherigen Rechts zurückbleiben.

 

Rz. 131

 

Beispiel

M erhält seit Ende 2007 seine Pension um den Versorgungsausgleich gekürzt (800 EUR mtl.). Anfang 2005 ist seine frühere Ehefrau F verstorben. Diese hat bis zu ihrem Tod noch keine Altersvollrente erhalten. Sie hat aber einen Witwer (S) hinterlassen, der Hinterbliebenenrente bezieht.

Nach dem früheren Recht wurden die an den Witwer gezahlten Leistungen der Hinterbliebenenversorgung in die Berechnung des Grenzbetrags nach § 4 Abs. 2 VAHRG a.F. einbezogen. Das bedeutete, dass M in der vorliegenden Konstellation keine Möglichkeit hatte, die Aussetzung der Kürzung seiner Versorgung zu erreichen, weil damit zu rechnen war, dass durch die Zahlung der Witwerrente an S der Grenzbetrag des § 4 Abs. 2 VAHRG a.F. nach einiger Zeit überschritten sein würde (und dann auch wurde).

Nach heutigem Recht kommt es auf die Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung nicht an, sondern allein darauf, welche Leistungen an den Ausgleichsberechtigten selbst erbracht wurden. F hat aus der Versorgung noch keinerlei Leistungen bezogen. Nach § 37 Abs. 1 Vers­AusglG kann deswegen jetzt ein Antrag auf Anpassung der Versorgungsausgleichsentscheidung gestellt werden. Nach § 49 VersAusglG gilt dafür neues Recht, obwohl die Scheidung, der Versorgungsausgleich und der Tod der Ausgleichsberechtigten sich zzt. der Geltung des alten Rechts ereigneten.

 

Rz. 132

Die Anpassung ist auch dann möglich, wenn der Ausgleichsberechtigte aus dem ihm übertragenen bzw. für ihn begründeten bereits Leistungen bezogen hat. Die Grenze wurde durch das Vers­AusglG erheblich nach oben korrigiert, sodass auch insoweit die V...

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