Rz. 165

Die Ersatzzustellung an die in § 178 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO bezeichneten Personen muss nach § 178 Abs. 2 ZPO unterbleiben, wenn diese als Gegner an dem Rechtsstreit derjenigen Partei beteiligt sind, der zugestellt werden soll. In diesen Fallkonstellationen besteht nämlich eine erhöhte Gefahr, dass das Schriftstück tatsächlich nicht an den Adressaten weitergeleitet wird. Die Regelung nimmt die alte Bestimmung des § 185 ZPO a.F. auf, so dass auf die diesbezügliche alte Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.

 

Rz. 166

 

Hinweis

Die Regelung gilt nur für die Ersatzzustellung, so dass hiervon der Fall unberührt bleibt, dass der Adressat einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat, der zugleich sein Gegner ist. § 181 BGB findet hier keine Anwendung.[123]

 

Rz. 167

Aufgrund der systematischen Stellung gilt § 178 Abs. 2 ZPO auch nicht bei der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten,[124] so dass das zuzustellende Schriftstück in den Briefkasten des Adressaten eingelegt werden kann, auch wenn dieser den Briefkasten mit seinem Gegner teilt.[125]

 

Hinweis

Folgt man der Gegenansicht, kann der Zustellungsmangel dadurch geheilt werden, dass der Adressat das zuzustellende Schriftstück tatsächlich erhält. In diesem Zeitpunkt gilt die Zustellung dann nach § 189 ZPO als bewirkt.

 

Rz. 168

Eine Zustellung muss unterbleiben in folgenden Fällen nach § 178 Abs. 2 ZPO:

Zustellung an die Ehefrau als Pflegerin ihres Ehemannes wegen einer Forderung der Ehefrau gegen den Ehemann aus einer vollstreckbaren Urkunde;[126]
Übergabe des zuzustellenden Schriftstückes an einen nahen Angehörigen des Gegners im Wege der Ersatzzustellung; hierunter fallen etwa Ehegatten, Kinder, Eltern und Geschwister des Gegners;[127]
Übergabe des zuzustellenden Schriftstückes an weisungsgebundene Angestellte des Gegners im Wege der Ersatzzustellung;[128]
Ersatzzustellung an den Schuldner als im Geschäftslokal des Drittschuldners beschäftigte Person bezüglich eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.[129]
 

Rz. 169

Die Zustellung entgegen § 178 Abs. 2 ZPO macht diese zunächst unwirksam (vgl. Rdn 167). Allerdings ist eine Heilung dieses Mangels nach § 189 ZPO möglich, wenn das zuzustellende Schriftstück den Adressaten gleichwohl erreicht hat. Ebenso ist eine Heilung über § 295 ZPO möglich.

 

Rz. 170

 

Hinweis

Überprüft der Gerichtsvollzieher anhand des zuzustellenden Beschlussinhalts eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht, ob der Empfänger in einem offenkundigen Interessenkonflikt mit dem Zustellungsadressaten steht und ob eine entsprechende Anwendung von ZPO § 185 in Betracht kommt, begeht er schuldhaft eine Amtspflichtverletzung, so dass Schadensersatzansprüche des Gläubigers nach § 839 BGB, Art. 34 GG gegen das Land in Betracht kommen.[130]

[123] RGZ 157, 168.
[124] Siehe hierzu nachfolgend Rdn 171.
[125] OLG Celle NdsRpfleger 1989, 294, 295 für den Benachrichtigungsschein über die Niederlegung; a.A. OLG Nürnberg FamRZ 2005, 727 = NJW-RR 2004, 1517 = MDR 2004, 1139 = OLGR 2004, 309; AG Bergisch-Gladbach FamRZ 2004, 955.
[126] KG RPfleger 1978, 105.
[127] BGH NJW 1984, 57.
[128] OLG Karlsruhe MDR 1984, 151.
[129] BAG NJW 1991, 1399.
[130] OLGR Celle 2002, 73 = InVo 2002, 468 = DGVZ 2003, 8.

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