Rz. 154
Gem. § 26 Abs. 3 S. 1 WEG kann der Verwalter durch einfachen Mehrheitsbeschluss jederzeit abberufen werden. Die Abberufung kann fristlos (mit sofortiger Wirkung) oder mit einer bestimmten Frist erfolgen. Ein wichtiger Grund ist nicht erforderlich. Im alten Recht (bis zur WEG-Reform 2020) spielte die Unterscheidung zwischen einer Abberufung aus wichtigem Grund (sog. außerordentliche Abberufung) und einer Abberufung ohne wichtigen Grund (sog. ordentliche Abberufung) hingegen eine große Rolle, denn die Möglichkeit der ordentlichen Abberufung konnte früher ausgeschlossen werden, was in der Praxis der Normalfall war. Jetzt spielt das Vorliegen eines wichtigen Grundes nur noch für zwei Fragen eine Rolle: für das Stimmrecht des Verwalters (→ § 10 Rdn 164) und für die Frage, ob der Vergütungsanspruch sofort endet (so beim Vorliegen eines wichtigen Grundes (→ § 10 Rdn 167) oder erst nach Ablauf von sechs Monaten.
Rz. 155
Muster 10.11: Abberufungsbeschluss
Muster 10.11: Abberufungsbeschluss
Die X-Immobilien GmbH wird als Verwalterin abberufen. Oder:
Die X-Immobilien GmbH wird zum 30.6.2022 als Verwalterin abberufen.
Ergänzung, falls die Verwalterin bei der Beschlussfassung nicht anwesend ist:
Frau A wird beauftragt, der Verwalterin die Abberufung mitzuteilen.
Rz. 156
Sollte der Verwalter zugleich Miteigentümer sein, unterliegt er bei der Beschlussfassung über seine ordentliche Abberufung (anders bei der Abberufung aus wichtigem Grund) keinem Stimmverbot und kann also ggf. mit seinen Stimmen die eigene Abberufung verhindern; es verhält sich strukturell genauso wie bei der Bestellung (→ § 10 Rdn 38). Der Abberufungsbeschluss wird mit seinem Zugang beim Verwalter wirksam: "Seine Organstellung verliert der Verwalter mit dem Zugang der Abberufungserklärung, die entweder im Abberufungsbeschluss mitenthalten ist oder aufgrund dieses Beschlusses gesondert abgegeben wird". Ist der Verwalter bei der Beschlussverkündung anwesend (oder verkündet er sogar selbst den Beschluss), geht die Abberufungserklärung ihm "unter Anwesenden" zu; die Abberufung wird sofort wirksam. Ist der Verwalter bei der Beschlussfassung abwesend, muss ihm die Abberufungserklärung gesondert zugehen. Es genügt richtigerweise, dass er von dem Beschluss Kenntnis erlangt, egal auf welche Weise. Teilweise wird aber verlangt, dass eine zur Vertretung berechtigte Person die Erklärung abgibt, also entweder der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats (der hierzu gem. § 9b Abs. 2 WEG befugt ist) oder eine durch Beschluss dazu bestimmte Person. Ob die betreffende Person die Erklärung dann ausdrücklich als eigene im Namen der Gemeinschaft abgibt ("erkläre ich hiermit namens der Gemeinschaft die Abberufung") oder ob sie als Bote nur den erfolgten Beschluss der Abberufung mitteilt ("teile ich Ihnen mit, dass die Gemeinschaft Sie abberufen hat"), macht für die Wirksamkeit keinen Unterschied. Die Erklärung bedarf an sich keiner Form. Es wird aber vertreten, dass der Verwalter sie analog § 174 BGB zurückweisen könne, wenn der beauftragte Eigentümer seine Ermächtigung (Beauftragung) nicht nachweise. Dieser Nachweis kann durch Vorlage des Protokolls (das den Beschluss der Ermächtigung beinhaltet) geführt werden, wobei das Protokoll die in § 24 Abs. 6 S. 2 WEG vorgesehenen Unterschriften tragen muss. Der einfachste und sicherste Weg besteht letztlich also darin, für einen Zugang des Beschlussprotokolls (mit den Unterschriften) durch den Beiratsvorsitzenden oder durch eine entsprechend beauftragte Person beim Verwalter zu sorgen, auf welchem Weg auch immer (z.B. per Einwurf und/oder E-Mail).
Rz. 157
Praxistipp
Um einen schnellen und zweifelsfreien Nachweis des Zugangs sicherzustellen, ist die Verwendung mehrerer unabhängiger Zugangswege zu empfehlen. Z.B. kann der Bote beim Verwalter persönlich (bei einer Verwaltungsgesellschaft: beim Sachbearbeiter oder beim gesetzlichen Vertreter) anrufen und das Ergebnis vorab mündlich mitteilen und die Kündigungserklärung (am besten das unterschriebene Protokoll) außerdem noch per Schreiben (das mit Normalpost und mit Einwurfeinschreiben/Rückschein versandt wird) und/oder auf elektronischem Wege (E-Mail, Fax, Messengerdienst) übersenden. Möglich ist auch ein Einwurf in den Briefkasten des Verwalters oder eine Zustellung durch den Gerichtsvollzieher.
Rz. 158
Der Beschluss, einen neuen Verwalter mit sofortiger Wirkung zu bestellen, beinhaltet nach h.M. zugleich die Abberufung des bisherigen Verwalters, "da die Annahme, die Eigentümergemeinschaft wolle unzulässigerweise zwei Verwalter tätig werden lassen, abwegig wäre" und es keine zwei Verwalter geben könne.