Rz. 303
Gem. § 9b Abs. 1 S. 1 WEG wird die Gemeinschaft durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten, beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags aber nur aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Die beiden vom Vertretungsrecht ausgenommenen Geschäfte werden gesondert erörtert (Grundstückskauf → § 6 Rdn 23, Darlehensvertrag → § 6 Rdn 10). Gem. § 9b Abs. 1 S. 3 WEG ist eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam. Ob die Beschlusslage oder das Gesetz dem Verwalter im Innverhältnis das Handeln im Namen der Gemeinschaft gestattet, spielt für die Wirksamkeit seiner Vertretung (im Außenverhältnis) demnach grundsätzlich keine Rolle. Infolge seines gesetzlichen Vertretungsrechts ist es dem Verwalter auch möglich, Verträge der Gemeinschaft zu kündigen, ohne dass der Kündigungsempfänger die Kündigung unter Berufung darauf, es sei keine Originalvollmacht vorgelegt worden, gem. § 174 S. 1 BGB zurückweisen kann.
Rz. 304
Im Normalfall kann und muss ein Vertragspartner davon ausgehen, dass der Verwalter bei Vertragsabschlüssen, die Angelegenheiten der Gemeinschaft betreffen (z.B. eine Reparatur des Gemeinschaftseigentums), nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Gemeinschaft handelt. Im unternehmerischen Rechtsverkehr ist dieser Grundsatz unter dem Begriff des "unternehmensbezogenen Geschäfts" bekannt. Zwar gilt für die Stellvertretung gem. § 164 Abs. 1 S. 1 BGB der Offenkundigkeitsgrundsatz; dieser erfordert aber nicht zwingend die ausdrückliche Hervorhebung der Vertretung, denn gem. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB macht es keinen Unterschied, ob eine Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll. Vertragspartner der Gemeinschaft stehen aber vor dem Problem, dass sie nicht wissen können, ob die Person, die sich ihnen als Verwalter der Gemeinschaft präsentiert, tatsächlich zum Verwalter bestellt ist. Es gibt kein Verwalterregister, das verbindlich über die Verwalterbestellung Auskunft erteilen würde. Der Vertragspartner kann sich zwar den Bestellungsbeschluss (genauer: die Niederschrift des Bestellungsbeschlusses bzw. das Protokoll der Versammlung, in der die Bestellung beschlossen wurde) vorlegen lassen; ggf. wird ihm der Verwalter statt des Bestellungsbeschlusses eine entsprechende "Verwalterbestätigung" vorlegen (→ § 10 Rdn 309). Aber der Vertragspartner kann nicht wissen, ob die Bestätigung (noch) zutreffend ist bzw. ob der Beschluss wirksam ist (oder ob Nichtigkeitsgründe vorlagen) bzw. ob er noch gilt. Das Vertrauen auf einen vorgelegten Bestellungsbeschlusses wird vom Gesetz nicht geschützt; und trotzdem besteht kein Zurückweisungsrecht gem. § 174 S. 1 BGB. Das Gesetz mutet dem Erklärungsempfänger die Unsicherheit über das Bestehen der behaupteten Vertretungsmacht zu.
Rz. 305
Entgegen der früheren Rechtslage vertritt der Verwalter nicht die Wohnungseigentümer. Der Verwalter kann deshalb bspw. nicht aus eigenem Recht Eintragungen (welcher Art auch immer) in die Wohnungsgrundbücher bewilligen. Der Verwalter ist vor allem kein Passivvertreter der Wohnungseigentümer. Er ist nicht zur Entgegennahme von Erklärungen oder Verwaltungsakten, die an die Wohnungseigentümer gerichtet sind, legitimiert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die fraglichen Erklärungen oder Verwaltungsakte auf das (ganze) Grundstück bzw. auf die Wohnungseigentümer in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümer beziehen oder nicht. Insofern stehen insbesondere Behörden und öffentlich-rechtliche Körperschaften vor erheblichen Problemen, wenn es um die Zustellung grundstücksbezogener Bescheide (Gebührenbescheide, Nachbaranhörung bzw. Baugenehmigung bezüglich einer Bebauung des Nachbargrundstücks) geht, weil diese Bescheide nicht mehr (wie früher) dem Verwalter mit Wirkung gegen die Wohnungseigentümer zugestellt werden können (→ § 4 Rdn 171, → § 4 Rdn 173).