I. Der Verwalter ohne Verwaltervertrag
Rz. 224
Es kann aus den verschiedensten Gründen dazu kommen, dass ein Verwalter zwar wirksam bestellt wurde, es aber an einem (besonderen) Verwaltervertrag fehlt. Der Verwalter hat in solchen Fällen (selbstverständlich) die gesetzlichen Rechte und Pflichten, wie sie sich aus dem WEG und dem BGB ergeben; es fehlt lediglich an vereinbarten ergänzenden Regelungen. Konkret stellt sich die Frage nach der Vergütung und der Laufzeit (bzw. Kündigungsfrist) der Bestellung, sofern nicht einmal hierzu bei der Bestellung eine Regelung getroffen wurde.
Rz. 225
Vergütung. Bei dem Verwaltervertrag als einem Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 BGB gilt gem. §§ 632 Abs. 1, Abs. 2, 612 Abs. 1, 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart. soweit nicht ausnahmsweise eine unentgeltliche Leistung zu erwarten ist. Über die Höhe der üblichen Vergütung lässt sich trefflich streiten; die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Verwalter. Für die Fälligkeit gilt, ungeachtet des teilweise werkvertraglichen Charakters des Verwaltervertrags, die Regelung des § 614 S. 2 BGB: "Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten." Eine monatliche Zahlweise ist bei der Verwaltervergütung üblich, sodass die Vergütung am ersten Tag des Folgemonats für den Vormonat fällig wird. Nach der Gegenauffassung wird die Vergütung gem. § 614 S. 1 BGB erst nach der Aufstellung von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung fällig.
Rz. 226
Laufzeit. Mangels Vereinbarung läuft die Bestellung auf unbestimmte Zeit. Sie endet gem. § 26 Abs. 2 S. 1 WEG spätestens nach fünf Jahren bzw. bei Erstbestellung nach drei Jahren. Eine Abberufung ist gem. § 26 Abs. 3 S. 1 WEG jederzeit möglich.
Rz. 227
Vergütung nach Abberufung. Nach einer Abberufung kann der Verwalter gem. § 26 Abs. 3 S. 2 WEG weiterhin Vergütung verlangen, denn auch ohne "besonderen" Vertrag lag seiner Bestellung ein von den Parteien nicht näher definierter Vertrag (mit dem gesetzlichen Inhalt) zugrunde. Wie lange dieser vertragliche Vergütungsanspruch weiterläuft (maximal bis zur Höchstgrenze von 6 Monaten gem. § 26 Abs. 3 S. 2 WEG), richtet sich nach der gesetzlichen Kündigungsfrist. Über § 675 BGB gelten die Fristen des § 621 BGB, wobei dann zu entscheiden ist, ob dessen Nr. 3 oder Nr. 4 einschlägig ist. Wenn man davon ausgeht, dass die Vergütung monatlich geschuldet ist, kann die Kündigung gem. § 621 Nr. 3 BGB bis zum 15. eines Monats zum Monatsende erfolgen. Bis dahin kann der abberufene Verwalter Vergütung verlangen.
II. Der faktische Verwalter
Rz. 228
Es kommt nicht selten vor, dass eine Person oder Gesellschaft als Verwalter tätig ist, obwohl sie gar nicht bestellt ist. So kann es von vornherein an einer wirksamen Bestellung gefehlt haben; oder die Bestellung wird infolge Anfechtung rückwirkend unwirksam; oder – das ist der häufigste Fall – der einmal bestellte Verwalter setzt seine Tätigkeit nach Ablauf der Bestellungszeit fort. Einen solchen "nicht (mehr) bestellten Verwalter" nennt man faktischen Verwalter.
Rz. 229
Der faktische Verwalter ist wie ein bestellter Verwalter zu behandeln. Diesbezüglich konstatierte das LG Frankfurt/M. zutreffend: "Auch wenn die Einzelheiten dieses Rechtsverhältnisses streitig sind, besteht im Ergebnis Einigkeit, dass das Pflichtenprogramm (und auch die Haftung) dem eines bestellten Verwalters entsprechen, entweder weil ein Auftragsverhältnis i.S.v. § 662 BGB vorliegt, oder aber die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze der fehlerhaften Anstellung heranzuziehen sind." Schon wegen der von der WEG-Reform 2020 hergestellten strukturellen Gleichstellung einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit anderen Verbänden spricht alles dafür, die im "sonstigen" Gesellschaftsrecht (betr. "faktische Geschäftsleiter") und im Arbeitsrecht (bei fehlerhaften Anstellungsverträgen) von Rspr. und Lit. entwickelten allgemeinen Grundsätze der fehlerhaften Anstellungsverträge anzuwenden. Nach diesen Grundsätzen gilt Folgendes: "Hat der Geschäftsführer seine Tätigkeit auf der Grundlage des geltungslosen Anstellungsvertrages aufgenommen und geschah dies mit Wissen des für den Vertragsabschluss zuständigen Gesellschaftsorgans oder auch nur eines Organmitglieds, ist diese Vereinbarung für die Dauer der Geschäftsführertätigkeit so zu behandeln, als wäre sie mit allen gegenseitigen Rechten und Pflichten wirksam. Denn eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht wäre nicht nur schwierig, sondern würde auch und vor allem den Geschäftsführer, der seinem Amt entsprechend gearbeitet hat, schwer beeinträchtigen. Ihm stehen deshalb für die Dauer seiner Beschäftigung Bezüge in der versprochenen und nicht bloß in angemessener Höhe zu". Ein faktischer Verwalter hat deshalb Anspruch auf die "eigentlich" vorgesehene Vergütung, ferner ei...