Leitsatz

  1. Die Entlastung eines Wohnungseigentümers, der im Einvernehmen mit der Gemeinschaft Verwaltertätigkeit tatsächlich verrichtet hat (faktischer Verwalter), entspricht - wenn auch ein Anspruch auf Entlastung außerhalb einer entsprechenden Vereinbarung in der Regel nicht besteht - bei Vorliegen der formellen und materiellen Voraussetzungen gleichwohl ordnungsgemäßer Verwaltung und kann daher wirksam beschlossen werden.
  2. Ist die Hälfte der Miteigentumsanteile oder mehr gemäß § 25 Abs. 5 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen, so ist § 25 Abs. 3 WEG nicht anzuwenden, mit der Folge, daß bereits die erste Versammlung zur Vermeidung einer bloßen Förmelei in Bezug auf deren Beschlußfähigkeit so zu behandeln ist, als ob ihr eine die Beschlußfähigkeit feststellende Eigentümerversammlung vorausgegangen wäre.
 

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht insgesamt aus drei Wohnungseigentümern, wobei einer der Wohnungseigentümer einen Miteigentumsanteil von über der Hälfte sowie eine Eigentümerin einen sehr kleinen Miteigentumsanteil hält. Der "Mehrheitseigentümer" fertigte vor dem Amtsantritt der jetzigen Verwalterin im Einverständnis mit der Eigentümergemeinschaft die Jahresabrechnungen, ohne ausdrücklich zum Verwalter bestellt worden zu sein.

Bei einer Wohnungseigentümerversammlung waren nur diese beiden Eigentümer anwesend bzw. vertreten, das weitere Mitglied der Eigentümergemeinschaft das ca. zwei Fünftel der Miteigentumsanteile hält, trotz ordnungsgemäßer Einladung nicht. Die anwesenden Wohnungseigentümer beschlossen einstimmig u.a. die Genehmigung der von dem Mehrheitseigentümer vorgenommenen Abrechnung und dessen Entlastung. Diese Beschlüsse ficht nun der auf der Versammlung abwesende Eigentümer an.

 

Entscheidung

Der Eigentümerbeschluß ist formell wirksam, obwohl natürlich die Eigentümerversammlung nach § 25 Abs. 3 WEG nur beschlußfähig ist, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten. Dies war hier unstreitig nicht der Fall, da der Mehrheitseigentümer als Verwalter und Wohnungseigentümer von der Abstimmung über seine Entlastung ausgeschlossen war und somit eine beschlußfähige Mehrheit an sich nicht erreicht war.

Andererseits ist aber zu bedenken, daß die Bestimmung des § 25 Abs. 3 WEG dann nicht anzuwenden ist, wenn die Hälfte der Anteile oder mehr gemäß § 25 Abs. 5 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen ist. Dies ist auch vor dem Hintergrund einleuchtend, daß die Einberufung einer Erstversammlung zur bloßen Feststellung der Beschlußunfähigkeit als Voraussetzung für die Einberufung einer zweiten Versammlung gemäß § 25 Abs. 4 WEG reine Förmelei wäre.

Zunächst kurz zum Inhalt der beide maßgeblichen Bestimmungen: § 25 Abs. 3 WEG bestimmt, daß eine Versammlung nur beschlußfähig ist, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten. Abs. 4 bestimmt für einen derartigen Fall, daß der Verwalter eine neue Versammlung einzuberufen hat, die dann ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlußfähig ist. Steht wie hier von vornherein fest, daß stets die Mehrheit der Miteigentumsanteile niemals vertreten sein kann oder wird, ist es in der Tat unsinnig, dann eine Beschlußunfähigkeit der ersten Versammlung feststellen zu wollen, wenn dann ohnehin formal gültige Beschlüsse in der Zweitversammlung gefaßt werden können.

Schließlich war auch - was in Leitsatz 1 zum Ausdruck kommt - nichts dagegen einzuwenden, dem "Verwalter" hier Entlastung zu erteilen, auch wenn der betreffende Eigentümer für den streitigen Abrechnungszeitraum nicht zum Verwalter bestellt war und ein Verwaltervertrag mit ihm nicht abgeschlossen wurde. Selbstverständlich besteht hierauf außerhalb entsprechender Regelungen kein Anspruch, andererseits steht dem aber dann nichts im Wege, wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Entlastung vorliegen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.1998, 3 Wx 393/98

Fazit:

Der "faktische" Verwalter dürfte wohl eine Ausnahme sein. Gleichwohl entfaltet eine Entlastung des Wohnungseigentümers dann dieselben Wirkungen wie beim ordnungsgemäß bestellten Verwalter, soweit dessen Tätigkeit für die Eigentümergemeinschaft den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

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