Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 19
Die einmalige Grundgebühr (Nr. 4100 VV RVG) entsteht in einer Strafsache für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt die Einarbeitung erfolgt. Die Grundgebühr kann jedem Verteidiger nur ein einziges Mal erwachsen.
Mit der Grundgebühr soll der Arbeitsaufwand entgolten werden, der zu Beginn eines Mandats entsteht, also
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das erstmalige Gespräch mit dem Auftraggeber, |
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die Beschaffung der erforderlichen Informationen und |
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die erste Akteneinsicht nach § 147 StPO. |
Dieser Einarbeitungsaufwand kann natürlich auch erst in einer Rechtsmittelinstanz erforderlich werden, wenn der Verteidiger darin erstmalig tätig wird.
Beispiel:
Wenn der Verteidiger bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren tätig wird, dann seinen Mandanten in dem ersten Rechtszug vertritt und anschließend noch in der Berufungsinstanz, kann er die Grundgebühr nur einmal erhalten. Für den Verteidiger, der für den Auftraggeber erstmalig in der Revisionsinstanz tätig wird, fällt natürlich auch eine Grundgebühr an, da er sich in die Sache neu einarbeiten muss.
Rz. 20
Die Grundgebühr entsteht nach Anmerkung Abs. 1 zu Nr. 4100 VV RVG immer neben einer Verfahrensgebühr. Sie ist sozusagen eine einmalige Zusatzgebühr zur Verfahrensgebühr. Die Grundgebühr und die jeweilige Verfahrensgebühr entstehen somit gleichzeitig in dem Moment, in dem der RA zu erstem Mal tätig wird (LG Duisburg, Beschluss vom 03.06.2014 – 34 Qs 52/13).
Rz. 21
Falls wegen einer Tat oder Handlung zunächst im Bußgeldverfahren ermittelt wurde, dann aber die Ermittlungen als Strafsache weiter betrieben werden, so hat der von Beginn an beauftragte Verteidiger bereits eine Grundgebühr im Bußgeldverfahren nach Nr. 5100 VV RVG erhalten. Diese Grundgebühr – die übrigens niedriger ist – ist dann auf die nun anfallende Grundgebühr des Strafverfahrens nach Nr. 4100 Anm. Abs. 2 VV RVG anzurechnen. Es bleibt also bei dem Grundsatz, dass für den Verteidiger eine Grundgebühr in einer Sache nur einmal entstehen darf. Dabei ist er nach § 14 Abs. 2 RVG nicht gezwungen, bei der Bestimmung der Höhe der Gebühr Nr. 4100 VV RVG im Rahmen zu berücksichtigen, dass er mit der Sache schon befasst war. So kann er für beide Gebühren z. B. die Mittelgebühr ansetzen.
Merke:
Die Grundgebühr entsteht in einer Sache immer zusätzlich zur Verfahrensgebühr, jedoch nur ein einziges Mal für die erstmalige Einarbeitung, gleichgültig in welchem Verfahrensabschnitt die Einarbeitung erfolgt.
Rz. 22
Hinweis:
Für die Bestimmung der Grundgebühr ist der Umfang der Gerichtsakte bei der erstmaligen Einarbeitung wesentlich. Aktenumfänge von 12, 25 oder 33 Seiten sind von Gerichten als unterdurchschnittlich bezeichnet worden (siehe z. B. LG Düsseldorf, Beschluss vom 12.05.2017 – 61 Qs 5/17).