Rz. 47

Neben der die Strafbarkeit des körperlichen Eingriffs beseitigenden Einwilligung (i.S.v. § 630a BGB) ist auch der Abschluss zivilrechtlicher Verträge notwendig, was § 1358 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. ermöglicht. Insbesondere bei Privatpatienten ist das wichtig.[68] Es gibt aber hinsichtlich der Pflege und Rehabilitation eine Begrenzung auf "eilig" vorzunehmende Maßnahmen (siehe Rdn 43). Der Abschluss eines Heimvertrages soll laut Lugani nicht unter die Befugnis fallen,[69] nach Szanty ist dies unklar.[70] Ob das so richtig ist, wenn ein Ehegatte sehr schnell aus dem Krankenhaus entlassen wird und eine Unterkunft benötigt, erscheint nach hier vertretener Ansicht fraglich. Zwar wird argumentiert, dass die Aufenthaltsbestimmung nicht vom Vertretungsrecht umfasst sei.[71] Wenn die Dauerhaftigkeit bei einer Verlegung aus dem Krankenhaus in ein Heim (oder auch ein Hospiz?) nicht sicher und nicht das Ziel ist, später aber sich so entwickelt, könnte dann noch eine Betreuung angeordnet werden.

 

Rz. 48

Vervollständigt werden diese Befugnisse durch die Möglichkeit, Ansprüche gegen Krankenkassen etc. geltend zu machen und entsprechende Abtretungen z.B. zugunsten des Krankenhauses oder Pflegedienstes vorzunehmen, § 1358 Abs. 1 Nr. 4 BGB n.F. Allerdings darf der Ehegatte, um Missbrauch vorzubeugen, keine Leistung an sich selbst verlangen.[72]

 

Rz. 49

Ein Zugriff auf das Vermögen des vertretenen Ehegatten soll auch zur Zwischenfinanzierung, z.B. bei Beihilfeberechtigung, nicht möglich sein.[73] Das ist zwar missbrauchserschwerend, aber auch unpraktisch. Allerdings werden die meisten Ehegatten Zugriff auf das Konto des anderen haben und Leistungen z.B. von Ärzten nicht von Vorabzahlungen abhängig gemacht werden, so dass das Problem überschaubar bleiben sollte.

 

Rz. 50

Umfasst sein soll auch das Recht, Mängel bei der Behandlung oder Pflege zu rügen und Leistungen gerichtlich durchzusetzen.[74] Lugani beklagt eine "Medizinrechtsblindheit des Gesetzgebers", insbesondere in der Diktion mit ungünstiger Abgrenzung vom Behandlungsvertrag (dazu §§ 630a ff. BGB) und dem gemischttypischen Krankenhausvertrag.[75]

Zutreffend wird die Befugnis, im berechtigten Rahmen auch die Post des vertretenen Ehegatten zu öffnen, als mit umfasst angesehen.[76]

[68] Koller/Stahl, GesR 2021, 212, 213.
[69] Lugani, MedR 2022, 91, 96; entsprechend Kemper, FamRB 2021, 260, 263.
[70] Szantay, NZFam 2021, 805, 807.
[71] Kraemer, BtPrax 2021, 208, 209.
[72] BReg, BT-Drucks 19/24445 (Gesetzentwurf), 180.
[73] Kraemer, BtPrax 2021, 208, 209.
[74] BReg, BT-Drucks 19/24445 (Gesetzentwurf), 180.
[75] Lugani, MedR 2022, 91, 96.
[76] Lugani, MedR 2022, 91, 96.

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