Rz. 34
Als Bestätigung des Vorliegens der Voraussetzung für die Vertretungsmacht wird ein bestätigendes Dokument ausgestellt. Aussteller ist der Arzt, dem gegenüber die Vertretung ausgeübt werden soll. Gerichte (durch Richter oder Rechtspfleger), Behörden oder andere Personen wie Verfahrenspfleger oder andere Angehörige sind also nicht beteiligt.
Das mag rechtsstaatlich als bedenklich angesehen werden, denn es wacht keine unabhängige Institution über das Arzt-Patienten-Verhältnis, bei dem der Patient gar nicht ansprechbar ist. Der Arzt stellt fest, wer ihm gegenüber eine Erklärung abgeben darf, auf deren Grundlage er dann wiederum handelt. Er schafft sich zwar die Grundlage nicht direkt selbst, denn das Vertretungsrecht hat der andere Ehegatte, weil die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, und nicht aufgrund der Übertragung durch den Arzt. Aber der Arzt ist doch derjenige, der die formalen Voraussetzungen schafft.
Rz. 35
Er hat gem. § 1358 Abs. 4 BGB n.F. die Voraussetzungen festzustellen, die in § 1358 Abs. 1 BGB n.F. genannt werden, also die Unfähigkeit zur Besorgung der Angelegenheiten aufgrund von Krankheit oder Bewusstlosigkeit, und den Eintrittszeitpunkt zu vermerken. Auch die Ausschlussgründe gem. § 1358 Abs. 3 BGB n.F. hat er festzustellen und deren Nichtvorliegen zu bestätigen. Eine "spezifische" Prüfungs- und Nachforschungspflicht des Arztes soll es explizit nicht geben.
Das ist zwar zur Entlastung in der Eilsituation nachvollziehbar. Festgestellt werden muss aber dann konsequenterweise auch, dass – wenn nicht Dritte (wie Kinder) einschreiten – es in der unbeaufsichtigten und unüberprüften Hand des Ehegatten liegt, ob diese Voraussetzungen für das Vertretungsrecht bestehen.
Rz. 36
Einerseits wird in der Gesetzesbegründung zu recht auf die Möglichkeit des Ehegatten verwiesen, durch eine Vorsorgevollmacht oder einen Widerspruch gegen diese Vertretung und der jeweiligen Eintragung in des ZVR selbstbestimmte Vorsorge zu leisten und Missbrauch zu verhindern. Andererseits wird ignoriert, dass das Ehegattenvertretungsrecht nur notwendig wird, wenn ein Ehegatte gerade keine Vorsorge getroffen hat. Genau diese Ehegatten dann auf mögliche Schutzmaßnahmen zu verweisen, erscheint widersinnig.
Rz. 37
Noch mehr abgeschwächt wird der Schutz des vertretenden Ehegatten, indem die Einsicht in das ZVR nicht als verpflichtend beschrieben wird, sondern sogar nur bei Fällen als angezeigt, in denen beim Arzt Zweifel bestehen. Dies ist nach hier vertretener Ansicht eine unnötige, aber erhebliche Verringerung des Schutzes des vertretenden Ehegatten in seinem Selbstbestimmungsrecht und sollte geändert werden. Wieso werden mit viel Aufwand die Möglichkeit des Widerspruchs und seiner Eintragung in das Register sowie ein Einsichtsrecht für Ärzte in das Register hinsichtlich des Widerspruches aber auch etwaiger Vorsorgeregelungen ermöglicht, aber diese Schutzmaßnahmen dann zu einer Option herabgestuft, die arbeitsüberlastete Ärzte und Krankenhäuser sich ersparen können (und wohl weitgehend werden)?
Rz. 38
Zudem hat sich der Arzt vom vertretenen Ehegatten das Nichtvorliegen der Ausschlussgründe bestätigen zu lassen sowie, dass er aufgrund einer Vertretung dieser Art bislang nicht tätig war. Damit soll eine Ausdehnung der Vertretung nach § 1358 BGB n.F. über den Maximalzeitraum von sechs Monaten hinaus vermieden werden.
Fraglich ist, was geschieht, wenn z.B. fünf Jahre nach einer Vertretung gem. § 1358 BGB n.F. ein neuer, solcher Fall eintritt.
Rz. 39
Übersicht: Verfahren und Nachweise
Der vertretene Ehegatte hat dem Arzt schriftlich zu bestätigen:
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keine Ausübung eines Ehegattenvertretungsrechts bislang sowie |
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das Nichtvorliegen der Ausschlussgründe nach § 1358 Abs. 3 BGB n.F., also
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kein Getrenntleben der Ehegatten sowie |
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keine bekannte Ablehnung durch den vertretenen Ehegatten sowie |
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kein ausreichende Vorsorgebevollmächtigung sowie |
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keine ausreichende rechtliche Betreuung. |
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Der Arzt hat dem vertretenden Ehegatten schriftlich zu bestätigen:
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Vorliegen einer Unfähigkeit zur Besorgung der Angelegenheiten aufgrund von Krankheit oder Bewusstlosigkeit sowie |
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Zeitpunkt des Eintrittes der Unfähigkeit sowie |
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das Nichtvorliegen der Ausschlussgründe nach § 1358 Abs. 3 BGB n.F., also
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kein Getrenntleben der Ehegatten sowie |
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keine bekannte Ablehnung durch den vertretenen Ehegatten sowie |
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kein ausreichende Vorsorgebevollmächtigung sowie |
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keine ausreichende rechtliche Betreuung. |
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