a) Grundsatz: Grundbuchamt hat von der Richtigkeit des Erbscheins auszugehen
Rz. 49
Dem Grundbuchamt kommt nicht die Aufgabe zu, die Richtigkeit des Erbscheins bzw. ENZ nachzuprüfen. Es hat lediglich zu überprüfen, ob der Erbschein bzw. das ENZ vom sachlich zuständigen Nachlassgericht bzw. von der sachlich zuständigen Nachlassbehörde erteilt wurde und ob er bzw. es das Erbrecht, das Grundlage der Grundbucheintragung werden soll, eindeutig bezeugt. Die Verantwortung für die Richtigkeit des Erbscheins bzw. ENZ trägt ausschließlich das Nachlassgericht bzw. die Nachlassbehörde. Die Vermutungswirkung des § 2365 BGB bzw. Art. 69 EuErbVO gilt grundsätzlich auch für das Grundbuchamt. Das Grundbuchamt ist an die in einem Erbschein bzw. ENZ bezeugte Erbfolge gebunden. Zu einer eigenen ergänzenden oder abweichenden Auslegung der Verfügung von Todes wegen ist das Grundbuchamt nicht berechtigt. Die Verantwortung für die Auslegung der Anordnungen des Erblassers trägt allein das Nachlassgericht bzw. die Nachlassbehörde. Solange eine Einziehung oder Kraftloserklärung des Erbscheins nicht erfolgt ist, darf und muss das Grundbuchamt im Allgemeinen auf die Richtigkeit des Erbscheins vertrauen; denn es wäre mit den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs nicht zu vereinbaren, wenn das Grundbuchamt bei Vollzug eines Eintragungsantrags in eine Nachprüfung der Richtigkeit des vorgelegten Erbscheins einzutreten hätte und hinsichtlich der Art und des Umfangs des Erbscheins vom Standpunkt des Nachlassgerichts sachlich abweichende Feststellungen treffen könnte.
Ob beim Erbfall trotz des im Grundbuch eingetragenen Hofvermerks die Hofeigenschaft entfallen war, beurteilt sich danach, ob der Erblasser den landwirtschaftlichen Betrieb endgültig eingestellt hatte.
b) Ausnahme: Dem Grundbuchamt werden neue Tatsachen bekannt
Rz. 50
Das Grundbuchamt braucht seiner Eintragung nur dann den Erbschein bzw. das ENZ nicht zugrunde zu legen, wenn ihm neue Tatsachen bekannt geworden sind, die dem Nachlassgericht bei der Erbscheinserteilung bzw. der Erteilung des ENZ offenbar noch nicht bekannt waren und die der sachlichen Richtigkeit des Erbscheins bzw. ENZ entgegenstehen, und wenn das Grundbuchamt annehmen muss, das Nachlassgericht würde bei Kenntnis der neuen Tatsachen den Erbschein einziehen oder für kraftlos erklären bzw. das ENZ widerrufen.
Allerdings kann das Grundbuchamt von sich aus keine neue Erbenfeststellung vornehmen; dies ist ausschließlich Sache des Nachlassgerichts im Rahmen der Überprüfung der Richtigkeit des Erbscheins.
c) Ausländischer Erbschein kein Unrichtigkeitsnachweis i.S.v. § 35 GBO
Rz. 51
Erbschein i.S.v. § 35 Abs. 1 S. 1 GBO ist nur der von einem deutschen Nachlassgericht erteilte Erbschein und nicht die Erbbescheinigung eines ausländischen Nachlassgerichts. Insofern würde nur dann etwas anderes gelten, wenn zwischen Deutschland und dem betreffenden Staat staatsvertragliche Regelungen über die Anerkennung von Erbnachweisen geschlossen worden wären. Ausländische Erbscheine werden grundsätzlich nicht nach § 108 Abs. 1 FamFG anerkannt, weil sie nicht in Rechtskraft erwachsen.
Das ENZ muss aber in allen Mitgliedstaaten anerkannt werden, Art. 69 Abs. 1 EuErbVO.
Rz. 52
§ 35 Abs. 1 S. 1 GBO ist, soweit der Erbschein bzw. das ENZ als Unrichtigkeitsnachweis erforderlich ist, vor dem Hintergrund zu sehen, dass sowohl dem Grundbuch als auch dem Erbschein bzw. ENZ eine Richtigkeitsvermutung und eine Rechtsscheinwirkung zukommen (§§ 891, 892 BGB für das Grundbuch, §§ 2365, 2366 BGB für den Erbschein und Art. 69 EuErbVO für das ENZ).
Rz. 53
Nach § 105 FamFG wird die internationale Zuständigkeit eines Gerichts aus der örtlichen Zuständigkeit abgeleitet. Dies gilt auch für das Beschwerdeverfahren.