Rz. 63
Bei der Vorlage von beglaubigten Abschriften der Verfügungen von Todes wegen samt Eröffnungsniederschrift gehen die Prüfungskompetenzen des Grundbuchamts weiter als bei der Vorlage eines Erbscheins. Das Grundbuchamt hat Formgültigkeit und Inhalt der ihm vorgelegten Verfügung zu prüfen. Es kann aber keine eigenen Ermittlungen anstellen, weil das Grundbuchverfahren ein reines Nachweisverfahren ist, wie sich aus § 29 GBO ergibt.
Rz. 64
Ergeben sich bei der Prüfung der Erbenstellung Zweifel an der Erbfolge, so reichen die Abschriften der Verfügung von Todes wegen und der Eröffnungsniederschrift zum Nachweis der Erbfolge und damit als Unrichtigkeitsnachweis nicht aus; vielmehr kann das Grundbuchamt in einem solchen Fall die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn tatsächliche Ermittlungen über den Erblasserwillen durchzuführen sind. Die Bedenken des Grundbuchamts sind von diesem in einer Zwischenverfügung (§ 18 GBO) im Einzelnen darzulegen. Allerdings hat das Grundbuchamt auch rechtlich schwierige Auslegungsregeln des Testamentsrechts in eigener Prüfungskompetenz anzuwenden.
Dazu das OLG Hamm:
Zitat
"Im Grundbuchberichtigungsverfahren ist die Erbfolge bei Vorliegen eines notariellen Testaments dann durch Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen, wenn tatsächliche Ermittlungen über einen etwaigen, in der Testamentsurkunde nur unvollständig zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen durchzuführen sind."
Rz. 65
Das Grundbuchamt kann bei Vorliegen eines notariellen Testaments nur dann die Beibringung eines Erbscheins verlangen, wenn ihm nach Auslegung der letztwilligen Verfügung nebst darin in Bezug genommener Urkunden und Auswertung der Nachlassakten Zweifel zur Erbfolge verbleiben, die weitere Ermittlungen des Nachlassgerichts erfordern.
Es steht nicht im Belieben des Grundbuchamts, ob es einen Erbschein verlangen oder die in § 35 Abs. 1 S. 2 GBO genannten Beweismittel genügen lassen will.
Der Vorlage eines Erbscheins zur Grundbuchberichtigung bedarf es trotz Konkurrenz zwischen einem urkundlichen Erbvertrag und früher sowie später errichteten privatschriftlichen sowie erbvertraglichen Verfügungen von Todes nicht, wenn sich die Erbfolge aus den gesetzlichen Rechtsfolgen der Bindungswirkung vertragsmäßiger Verfügungen ergibt und tatsächliche Umstände nicht aufzuklären sind.
Rz. 66
Das OLG Schleswig ist im Rahmen der Ermittlungspflicht des Grundbuchamts sehr großzügig:
Zitat
"Die eidesstattliche Versicherung der Erben über das Fehlen weiterer Erben ist auch im Grundbuchverfahren als Nachweis der Erbfolge (in Verbindung mit einem notariell beurkundeten Testament) ausreichend. Zweifel daran müssen aus konkreten Umständen und mit logisch nachvollziehbaren Schlussfolgerungen begründbar sein."
Rz. 67
So auch das BayObLG:
Zitat
1. Das Rechtsbeschwerdegericht kann eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts durch die Angabe von weiteren Mitteln zur Beseitigung eines Eintragungshindernisses ergänzen.
2. Hat der Erblasser in einem notariellen Testament seine Ehefrau zur Vorerbin, die aus der Ehe mit ihr hervorgegangenen gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu Nacherben beim Tode der Ehefrau eingesetzt, so kann ein gemeinschaftliches Kind nach Eintritt der Nacherbfolge sein alleiniges Erbrecht durch eine vor einem Notar abzugebende eidesstattliche Versicherung, dass er das einzige gemeinschaftliche Kind von Erblasser und Vorerbin ist, nachweisen.
3. Ein Erbschein kann in einem solchen Fall grundsätzlich nicht verlangt werden. Die eidesstattliche Versicherung reicht aber zum Nachweis nur aus, wenn keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass das Nachlassgericht weitere Ermittlungen anstellen und zu einer abweichenden Beurteilung der Erbfolge gelangen könnte. Bei der Beurteilung dieser Frage steht dem Grundbuchamt und dem Tatrichter ein gewisser Beurteilungsspielraum zu.
Rz. 68
Das LG Stuttgart:
Zitat
Das Grundbuchamt kann bei einem Antrag auf Grundbuchberichtigung jedenfalls dann nicht die Vorlage eines Erbscheins verlangen, wenn der Nachweis der Erbfolge auch durch andere Urkunden geführt werden kann.
… Das Nichtvorhandensein von Abkömmlingen kann als sog. Negativtatsache jedoch nicht positiv bewiesen werden. Deshalb begnügt sich das Erbscheinsverfahren bzgl. solcher Tatsachen mit einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 2356 Abs. 2 BGB des Inhalts, dass (hier) vom Vorhandensein von Abkömmlingen nichts bekannt ist. Die jüngere Rechtsprechung lässt auch im Grundbuchverfahren für Negativtatsachen eine solche eidesstattliche Versicherung genügen (OLG Schleswig, NJW-RR 1999, 1530; BayObLG, ZEV 2000, 456).
Rz. 69
Gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass zur Feststellung der Erbfolge tatsächliche Ermittlungen erforderlich sind, so ist die von einem überlebenden Ehegatten oder einem Abkömmling vor dem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung zum Nachweis für die negative Tatsache, dass außer einem bestimmten, zum Erben eingesetzten Abkömmling des Erblassers keine weiteren, das Erbrech...