Rz. 87

Ist dem überlebenden Ehegatten beim gemeinschaftlichen Testament die Möglichkeit offengehalten, durch letztwillige Verfügung einen anderen Schlusserben als den vorgesehenen einzusetzen, so rechtfertigt diese Möglichkeit allein noch nicht das Verlangen eines Erbscheins, sofern es keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen weiteren Abänderungsverfügung gibt. Da ein gemeinschaftliches Testament von zwei Erblassern errichtet wurde, ist es sowohl beim Tod des Erststerbenden als auch beim Tod des Überlebenden zu eröffnen. Deshalb gibt es auch zwei Eröffnungsniederschriften.

OLG Frankfurt:[97]

Zitat

"Wird zum Nachweis der Erbfolge ein notarieller Erbvertrag vorgelegt, darf das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins nicht deswegen fordern, weil nicht auszuschließen ist, dass weitere letztwillige Verfügungen existieren, durch die der Erbvertrag ungültig geworden sein könnte. Hat das Grundbuchamt dagegen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine wirksame spätere Verfügung von Todes wegen vorliegt, durch die die Erbfolge geändert worden ist, kann es verlangen, dass der Nachweis der Erbfolge durch einen Erbschein geführt wird."

 

Rz. 88

Das Grundbuchamt hat auch die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments zu beurteilen, soweit dafür keine weiteren tatsächlichen Ermittlungen erforderlich sind.[98]

[97] OLG Frankfurt MittBayNot 1999, 184.
[98] BayObLG MittRhNotK 2000, 72 = Rpfleger 2000, 266; bei weiteren erforderlichen Ermittlungen hat das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen, OLG Hamm ZEV 2001, 403.

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