Rz. 310
Die Vollmacht an einen Alleinerben erlischt mit dem Tod des Vollmachtgebers.
Zitat
"Eine Vollmacht erlischt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird. …"
Das OLG München zur rechtsdogmatischen Konstruktion der transmortalen Vollmacht bei gleichzeitig angeordneter Testamentsvollstreckung:
Zitat
"…Die transmortale Generalvollmacht kann selbstständig neben der Testamentsvollstreckung stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige, vom Erblasser und nicht vom Testamentsvollstrecker abgeleitete Befugnisse verleihen. …"
Dies wird bestätigt vom OLG München zur postmortalen Vollmacht bei gleichzeitiger Testamentsvollstreckung.
Rz. 311
Widerruf der Vollmacht bei Testamentsvollstreckung
Die transmortale Vollmacht wird nicht vom Testamentsvollstrecker widerrufen, sondern von jedem Erben für sich, denn der Widerruf ist kein Verwaltungshandeln.
Praxistipp
Die Vollmacht wird für die Zeit ab dem Tod einem Ersatzbevollmächtigten erteilt.
Rz. 312
Erbnachweis bei transmortaler Vollmacht an Alleinerben
OLG München:
Zitat
1. Grundbuchverfahrensrechtlich ist der Nachweis der Verfügungsbefugnis durch öffentliche Urkunden positiv und vollständig zu erbringen. Wird der der transmortalen Vollmacht innewohnende Rechtsschein dadurch zerstört, dass der Bevollmächtigte zugleich erklärt, Alleinerbe der Vollmachtgeberin zu sein und als solcher zu handeln, ist die Verfügungsbefugnis ohne den Erbennachweis gemäß § 35 GBO nicht belegt (insoweit Anschluss an OLG Hamm vom 10.1.2013, OLG Hamm Az I 15 W 79/12).
2. Entscheidend für die Frage, ob ein Alleinerbe mit transmortaler Generalvollmacht ohne Erbennachweis grundbuchrechtlich hinreichend legitimiert ist, ist die eigene Erklärung des Alleinerben: soweit er sich ausdrücklich (auch) darauf beruft, Erbe zu sein, ist ein Nachweis der Erbenstellung gemäß § 35 GBO erforderlich; etwas anderes kann gelten, wenn er sich lediglich auf seine Vollmacht beruft (vgl. OLG München BeckRS 2016, 14500).
A.A. jedoch das Kammergericht:
Zitat
"Eine transmortale Vollmacht des eingetragenen Berechtigten genügt zum Nachweis der (Vertretungs-)Macht des Bevollmächtigten auch dann, wenn dieser erklärt, Alleinerbe des Vollmachtgebers zu sein; es bedarf keines Nachweises der Erbfolge in der Form des § 35 Abs. 1 GBO (Fortführung von Senat MDR 2021, 162; entgegen OLG Hamm FGPrax 2013, 148; OLG München NJW 2016, 3381)."
Nunmehr OLG München:
Zitat
1. Mit dem Erbfall erwirbt der transmortal Bevollmächtigte aufgrund der Ermächtigung der Erblasserin die Befugnis, innerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht über das zum Nachlass gehörende Vermögen in Vertretung der Erben zu verfügen.
2. Der transmortal Bevollmächtigte muss weder die Erben namhaft machen, für die er handelt, noch die Zustimmung der Erben zu seinem Handeln einholen.
3. Jedenfalls dann, wenn der transmortal Bevollmächtigte nicht Alleinerbe geworden ist, erlischt die transmortale Vollmacht beim Erbfall nicht durch Konfusion.
Rz. 313
Zum Verhältnis zwischen transmortaler Vollmacht und Testamentsvollstreckung der BGH im Beschl. v. 14.9.2022:
Zitat
"Das Verhältnis von postmortaler bzw. transmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung kann nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall aufgrund einer Auslegung der Vollmachtsurkunde und der letztwilligen Verfügung unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ermittelt werden."
Eine postmortale Vollmacht, die unwiderruflich oder nicht widerrufen worden ist, kann grundsätzlich auch im Außenverhältnis selbstständig neben der Testamentsvollstreckung stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige, vom Erblasser und nicht vom Testamentsvollstrecker abgeleitete Befugnisse verleihen. Dabei kann das Verhältnis der postmortalen Vollmacht zur Testamentsvollstreckung nicht losgelöst vom jeweiligen Einzelfall bestimmt werden. Zwar wird es im Allgemeinen dem maßgeblichen Willen des Erblassers entsprechen, dass keine voneinander unabhängigen Machtbefugnisse verschiedener Personen mit gegenseitiger Störungsmöglichkeit nebeneinander bestehen. Die einem Dritten erteilte postmortale Vollmacht betrifft aber nicht generell im Außenverhältnis nur Vermögensteile, die nicht unter die Testamentsvollstreckung fallen, auch wenn der vom Erblasser Bevollmächtigte nach dem Erbfall als Bevollmächtigter des Erben anzusehen ist und dessen Verfügungsmacht durch die Rechte eines Testamentsvollstreckers gem. § 2211 Abs. 1 BGB beschränkt wird. Ebenso wenig kann allgemein angenommen werden, dass im Umfang der postmortalen Bevollmächtigung der Machtbereich des Testamentsvollstreckers nach § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB eingeschränkt ist. Vielmehr ist der wirkliche Wille des Vollmachtgebers und Erblassers ausgehend vom jeweiligen Wortlaut der Vollmachtsurkunde und der Anordnung der Testamentsvollstreckung durch Auslegung der beiden Urkunden – unabhängig von ihrer zeitlichen Reihenfolge – nach den Maßstäben des § 133 BGB zu erforschen.