Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 13
Nichteheliche Lebensgemeinschaften enden erfahrungsgemäß öfter durch Trennung als durch Tod. In letztwilligen Verfügungen, durch die der Lebensgefährte bedacht wird, sollte daher stets der Trennungsfall berücksichtigt werden. Hier empfiehlt sich regelmäßig die Aufnahme einer auflösenden Bedingung des Inhalts, dass alle zugunsten des Partners getroffenen Verfügungen ihre Gültigkeit verlieren, wenn die Lebensgemeinschaft beim Tode des Erblassers wegen räumlicher Trennung nicht mehr besteht. Wichtig ist, die auflösende Bedingung auf den Trennungsfall zu beschränken. Sie sollte nicht auf die "Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft" bezogen werden. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft wird nämlich auch dadurch beendet, dass die Lebensgefährten heiraten. Gerade in diesem Fall soll eine zugunsten des Partners getroffene Verfügung von Todes wegen, insbesondere eine Alleinerbeinsetzung, nach dem Willen der Beteiligten regelmäßig fortbestehen. Etwas anderes mag dann gelten, wenn infolge der Klausel die gesetzliche Erbfolge zum Zuge kommt und die letztwillige Zuwendung hinter dem gesetzlichen Ehegattenerbteil zurückbleibt.
Rz. 14
Was die Formulierung der auflösenden Bedingung betrifft, so kommt insbesondere die Anknüpfung an die räumliche Trennung oder an die melderechtliche Registrierung in Betracht. Wird auf die räumliche Trennung, d.h. den Auszug eines Partners aus der gemeinsam bewohnten Wohnung infolge nunmehr weggefallener emotionaler Verbundenheit abgestellt, so hat dies jedenfalls in der Theorie den Vorteil, dass der Willen der Beteiligten damit regelmäßig zur Geltung kommt. Allerdings ist eine derartige Regelung praktisch äußerst streitanfällig, weil sie gesetzliche Erben und Pflichtteilsberechtigte des erstverstorbenen Partners dazu animieren kann, eine Trennung zu behaupten. Auch kann diese Lösung bei einer Versöhnung der Partner nach Trennung versagen. Der Nachweis einer Trennung kann zudem praktisch schwer zu führen sein, insbesondere wenn der Erbfall länger zurück liegt.
Rz. 15
Demgegenüber hat eine an der übereinstimmenden Wohnung im melderechtlichen Sinn (§ 17 BMG) anknüpfende Formulierung zwar den Vorteil der eindeutigen Nachweisbarkeit. Sie ist jedoch missbrauchsanfällig. Man denke an die Ex-Partnerin, die sich angesichts des nahen Todes ihres Verflossenen eingedenk dessen Testaments wieder bei ihm anmeldet. Zudem ist sie nicht zuverlässig, weil sie die gesetzlichen Erben des säumigen Erblassers benachteiligt, der sich nach dem Auszug von seiner Ehemaligen nicht abgemeldet hat.
Rz. 16
Ist nach dem Erbfall eines Partners das Grundbuch zu berichtigen, so gilt im Hinblick auf die dem Grundbuchamt gegenüber zu führenden Nachweise Folgendes: Ist der Partner aufgrund einer in öffentlicher Urkunde getroffenen letztwilligen Verfügung Erbe geworden, so darf das Grundbuchamt grds. nicht nach § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO einen Erbschein verlangen; auch eine eidesstattliche Versicherung des Inhalts, dass die auflösende Bedingung nicht eingetreten ist, darf es m.E. grds. nicht fordern. M.E. darf das Grundbuchamt nur dann den Nachweis (durch eidesstattliche Versicherung) dafür verlangen, dass die auflösende Bedingung eingetreten ist, wenn es hierfür konkrete Anhaltspunkte geltend macht. Hierfür spricht, dass die Trennung als auflösende Bedingung im Nichtehelichentestament der nach § 2077 BGB jedem Ehegattentestament im Zweifel inhärenten auflösenden Bedingung nachgebildet ist, dass die Ehe aufgelöst bzw. ihre Auflösung aus gegebenem Grund beantragt wird. M.E. kann auf die BGH-Rechtsprechung zurückgegriffen werden, die zu Scheidungsklauseln ergangen ist. Hiergegen kann m.E. nicht erfolgreich eingewandt werden, dass § 2077 BGB für Unverheiratete überhaupt nicht gilt. Denn der BGH hat ausgeführt, dass auch Scheidungsklauseln, die von § 2077 BGB abweichen, das Grundbuchamt nicht dazu berechtigen, einen Nachweis dafür zu verlangen, dass die Voraussetzungen der Klauseln nicht eingetreten sind. Vielmehr verlangt § 35 Abs. 1. S. 2 Hs. 2 GBO nicht aufklärbare Zweifel an dem Nachweis der Erbfolge, die bei einer eindeutig formulierten auflösenden Bedingung per se nicht bestehen. Die notariell beurkundete letztwillige Verfügung genügt nur dann nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die auflösende Bedingung eingetreten ist. Lediglich abstrakte oder theoretische Möglichkeiten ihres Eintritts genügen dagegen ebenso wenig wie die statistische Häufigkeit von Ehescheidungen bzw. Trennungen von nichtehelichen Partnerschaften.
Rz. 17
Auch der BGH-Beschluss v. 2.6.2016 zu Verwirkungsklauseln steht m.E. der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Enthält eine notariell beurkundete letztwillige Verfügung eine allgemein gehaltene Verwirkungsklausel oder eine spezielle Verwirkungsklausel mit nicht eindeutigen Verhaltensanforderungen, so gilt nach dem genannten Beschluss des BGH, dass ein Erbschein für die Grundbuchberichtigung unentbehrlich ist. Dies liegt aber daran, dass die...