Stephan Kohlhaas, Phillip Hartmann
Rz. 105
§ 52 Abs. 1 BRAO betrifft ausschließlich Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis, also in erster Linie solche gem. § 280 BGB (Haftung wegen Pflichtverletzung). Eine Anwendung auf Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einer Schutzgesetzverletzung, aus § 826 BGB oder sonstigen spezialgesetzlich geregelten Ansprüchen kommt nicht in Betracht.
Begrenzbar sind grundsätzlich Haftpflichtansprüche, die auf leichter und grober Fahrlässigkeit beruhen. Für den Bereich der Individualvereinbarungen gem. § 52 Abs. 1 Nr. 1 BRAO ist die Haftungsbegrenzung sowohl für grobe wie für leichte Fahrlässigkeit gesetzlich ausdrücklich zugelassen. Sofern der Anwalt Allgemeine Auftragsbedingungen (AAB = AGB) verwenden will, lässt sich die Haftung nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO lediglich auf den Fall leichter Fahrlässigkeit beschränken.
Rz. 106
Haftungsbegrenzung und Deckungsschutz: Mittels Individualvereinbarung kann die Haftung wie folgt der Höhe nach beschränkt werden, sofern entsprechende Deckung besteht:
Einzelanwalt gem. § 51 Abs. 4 S. 1 BRAO: 250.000 EUR
Berufsausübungsgesellschaft nicht haftungsbeschränkt gem. § 59o Abs. 3 BRAO: 500.000 EUR
Berufsausübungsgesellschaft haftungsbeschränkt mit bis zu zehn Berufsträgern gem. § 59o Abs. 2 BRAO: 1.000.000 EUR
Berufsausübungsgesellschaft haftungsbeschränkt mit mehr als zehn Berufsträgern gem. § 59o Abs. 1 BRAO: 2.500.000 EUR
Die Haftungsbegrenzung mittels AGB muss folgende Haftungssummen beinhalten, in deren Höhe der Anwalt bzw. die Kanzlei auch versichert sein muss:
Einzelanwalt gem. § 51 Abs. 4 S. 1 BRAO: 1.000.000 EUR
Berufsausübungsgesellschaft nicht haftungsbeschränkt gem. § 59o Abs. 3 BRAO: 2.000.000 EUR
Berufsausübungsgesellschaft haftungsbeschränkt mit bis zu zehn Berufsträgern gem. § 59o Abs. 2 BRAO: 4.000.000 EUR
Berufsausübungsgesellschaft haftungsbeschränkt mit mehr als zehn Berufsträgern gem. § 59o Abs. 1 BRAO: 10.000.000 EUR
Geringere Summen (Haftungssumme und/oder Deckungssumme) führen unweigerlich zur Unwirksamkeit der Haftungsbegrenzung; ggf. stellt die Divergenz zwischen der mit dem Mandanten vereinbarten Haftungssumme und der mit dem Versicherer vereinbarten Deckungssumme auch ein wettbewerbswidriges Verhalten des Anwalts dar. Der entsprechende Haftungshöchstbetrag (1 Mio. EUR) muss in den AAB auch ausdrücklich genannt sein. Eine Bezugnahme auf das Gesetz ist nicht zulässig.
Rz. 107
Ein für den konkreten Haftungsfall bestehender Versicherungsschutz ist conditio sine qua non für die zivilrechtliche Wirksamkeit der Haftungsvereinbarung. Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, dass die Beschränkung der Interessen eines potenziell Geschädigten durch die Haftungsvereinbarung einhergeht mit einer "Erfüllbarkeitsgarantie" der Schadensersatzforderung. Dieser Zweck wird aber nur erreicht, wenn Versicherungsschutz in jeder Beziehung (Deckungssumme und Versicherungsbedingungen) gewährleistet ist. Jeder nur denkbare Umstand/Tatbestand, der den Verlust des Versicherungsschutzes – sei er evtl. auch nur vorübergehend – zur Folge hat (z.B. Verletzung von Obliegenheiten, von Meldepflichten betr. Personal/Sozien/Geschäftsführer/Gesellschafter, Prämienverzug, §§ 16, 117 VVG, etc.), führt zwangsläufig zur Unwirksamkeit der Haftungsbegrenzung.