Stephan Kohlhaas, Phillip Hartmann
Rz. 168
Die Mindestversicherungssumme für Rechtsanwälte in Einzelkanzlei beträgt 250.000 EUR je Versicherungsfall.
Bei anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften kommt es hinsichtlich der Ermittlung der Mindestversicherungssumme auf deren Haftungsverfassung an.
Für Berufsausübungsgesellschaften, die keinen rechtsformbedingten Ausschluss der Haftung und keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorsehen – die also nicht haftungsbeschränkt sind – beträgt die Mindestversicherungssumme gemäß § 59 Abs. 3 BRAO 500.000 EUR je Versicherungsfall.
Demgegenüber beträgt für Berufsausübungsgesellschaften, die haftungsbeschränkt i.S.v. § 59o Abs. 1 BRAO sind, die Mindestversicherungssumme grundsätzlich 2.500.00,00 EUR je Versicherungsfall.
Lediglich bei "kleinen" haftungsbeschränkten Berufsausübungsgesellschaften, bei denen nicht mehr als zehn Berufsträger tätig sind, ist die Mindestversicherungssumme gemäß § 59 Abs. 2 BRAO auf 1.000.000,00 EUR vermindert.
Die Höchstleistung des Versicherers für alle Verstöße eines Versicherungsjahres beträgt bei Rechtsanwälten in Einzelkanzlei das Vierfache der Mindestversicherungssumme von 250.000 EUR, § 51 Abs. 4 BRAO.
Im Rahmen der Mindestversicherungssumme für Berufsausübungsgesellschaften erstreckt sich die Jahreshöchstleistung des Versicherers auf die Gesellschaft als solche. Dabei können gem. § 59o Abs. 4 BRAO die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden auf den Betrag der jeweiligen Mindestversicherungssumme, vervielfacht mit der Zahl der anwaltlichen Gesellschafter, die in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen oder niedergelassen sind, und der anwaltlichen Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, begrenzt werden. Ist eine Berufsausübungsgesellschaft Gesellschafter, so ist bei der Berechnung der Jahreshöchstleistung nicht die beteiligte Berufsausübungsgesellschaft, sondern die Zahl ihrer anwaltlichen Gesellschafter, die in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen oder niedergelassen sind, und der anwaltlichen Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, maßgeblich. Die Jahreshöchstleistung muss sich jedoch in jedem Fall mindestens auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme belaufen.
Ausländische Berufsausübungsgesellschaften, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Welthandelsorganisation haben, dürfen gem. § 207a BRAO über eine Zweigniederlassung in Deutschland Rechtsdienstleistungen unter den in § 207a Abs. 1 BRAO genannten Voraussetzungen erbringen. Unter anderem ist gem. § 207a Abs. 1 Nr. 5 BRAO die Zulassung der ausländischen Berufsausübungsgesellschaft durch die für den Ort ihrer deutschen Zweigniederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer erforderlich.
Gem. § 207a Abs. 2 S. 1 BRAO sind die §§ 59n, 59o BRAO entsprechend anwendbar, so dass die oben dargestellten Grundsätze auch für Zweigniederlassungen ausländischer Berufsausübungsgesellschaften gelten.
Die Qualifizierung einer ausländischen Berufsausübungsgesellschaft als haftungsbeschränkt oder nicht haftungsbeschränkt, was Auswirkungen auf die Höhe der Mindestversicherungssumme und die Erforderlichkeit der Mitversicherung wissentlicher Pflichtverletzungen hat, ist nach den Grundsätzen des internationalen Gesellschaftsrechts vorzunehmen. Für LLPs mit Sitz in den USA ist in der Regel auf den deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrag von 1954 zurückzugreifen.
Bei höheren Deckungssummen – im Allgemeinen ab 50 Mio. EUR – wird die Deckungssumme auf das Einfache pro Jahr begrenzt, wobei sich die vereinbarte Jahreshöchstleistung immer auf das Verstoßjahr bezieht, nicht etwa auf das Jahr der Meldung von Schadenfällen.
Rz. 169
Eine angemessene, risikoadäquate Versicherungssumme ist "Geschäftsgrundlage" der gesetzlichen Pflichtversicherung. Hinter die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestversicherungssummen zurückzufallen, verbietet das Gesetz.
Rz. 170
Der Anwalt sollte sich also von der Überlegung leiten lassen, das Interesse seines Mandanten an einem solventen Schuldner nicht zu vernachlässigen; es liegt schließlich im Eigeninteresse des Anwalts, jede existenzbedrohende Eventualität zu vermeiden. Auf welche Versicherungssumme dies hinausläuft, hängt von den Werten ab, um die es in den Mandaten geht, die der Anwalt von seinen Mandanten üblicherweise erhält. Die derzeit zu beobachtende Entwicklung dieser Werte legt es nahe, nicht zu knapp zu kalkulieren. Grundsätzlich sollte sich die Versicherungssumme am höchsten Risiko orientieren.
Rz. 171
Es ist dem Verstoßprinzip (vgl. Rdn 158 ff.) immanent, dass sich die Höhe der Deckung im Schadenfall nach der Versicherungssumme im Zeitpunkt des Verstoßes richtet. Auch Schäden, die erst nach vielen Jahren bekannt werden, müssen ausreichend versichert sein. Die Verjährungsregelungen bieten nämlich so, wie sie gesetzlich geregelt und richterrechtlich fortgebildet sind (vgl. Rdn 68 f.), keinen hinreichenden Schutz gegen späte und erfolgreiche Inanspruchnahme. Bis dahin hat sich möglicherweise...