Stephan Kohlhaas, Phillip Hartmann
Rz. 68
Die ursprünglich unangemessen lange, 30-jährige Verjährungsfrist des BGB wurde durch die Regelung des (alten) § 51b BRAO abgelöst, die einen Verjährungszeitraum von drei Jahren statuierte. Mit Verkürzung der Regelverjährungsfrist auf ebenfalls drei Jahre, wurde § 51b BRAO obsolet und durch das Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mit Wirkung ab dem 15.12.2004 ersatzlos gestrichen.
Die Spezialnorm des § 51b BRAO kann auch heute noch Gegenstand der Rechtsprechung sein, nämlich gem. Art. 229 § 12, § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB für die (Übergangs-)Fälle, in denen die "alte" Verjährung gem. § 51b BRAO bis zum o.g. Zeitpunkt, dem 15.12.2004, noch nicht eingetreten war.
Rz. 69
Grundsätzlich richtet sich die Verjährung von Anwaltshaftpflichtfällen nach §§ 194 ff. BGB. Diese sehen gem. § 199 Abs. 1 BGB eine (Regel-)Verjährungsfrist von drei Jahren vor. Alternativ hierzu kann nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB eine Frist von zehn Jahren in Betracht kommen. Die neue Verjährung sieht schließlich noch die "Option" einer maximal 30-jährigen Verjährungsfrist vor.
Rz. 70
Fristbeginn für die Regelverjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB ist das Ende des Jahres der Anspruchsentstehung, dies wiederum abhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mandanten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners.
Die Anforderungen an die Annahme einer entsprechenden Kenntnis des Mandanten setzt der BGH in der Regel recht hoch an. Für den Mandanten muss klar sein, dass der Anwalt vom korrekten rechtlichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht eingeleitet hat, die aus rechtlicher Sicht zur Vermeidung eines Schadens erforderlich waren, damit Kenntnis des Mandanten von einem Haftpflichtanspruch anzunehmen ist.
Anders kann es sein, wenn der Mandant aus den ihm bekannten Umständen den Schluss auf einen gegen den Rechtsanwalt gerichteten Haftpflichtanspruch gezogen hat. Dann soll ausreichende Kenntnis vorliegen. Insbesondere durch die Aufforderung des Mandanten an den Rechtsanwalt, dieser möge den Haftpflichtversicherer einschalten, weil ein Schaden entstanden sei, gibt der Mandant zu erkennen, dass er dem Berater nicht mehr uneingeschränkt vertraut. Hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist ist der Mandant dann nicht mehr schutzwürdig.
Rz. 71
Nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB verjähren Haftpflichtansprüche gegen den Rechtsanwalt alternativ zehn Jahre nach deren Entstehung, selbst dann, wenn der Mandant bis dahin keine Kenntnis von einem evtl. Schaden und/oder einer möglichen Verantwortlichkeit des Rechtsanwalts hatte.
Rz. 72
Nach § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB beträgt die maximale Verjährungsfrist – unabhängig von allen Voraussetzungen – 30 Jahre nach der die Schadensersatzpflicht auslösenden Handlung, der entsprechenden Pflichtverletzung oder dem betreffenden Ereignis.
Rz. 73
Die bisherige Regelung (§ 51b BRAO) sah dagegen vor, dass
Zitat
"der Anspruch des Auftraggebers auf Schadenersatz aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis … in drei Jahren von dem Zeitpunkt an (verjährt), in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens drei Jahre nach Beendigung des Mandats,"
d.h. auf den Tag genau drei Jahre, nachdem er entstanden ist.
Rz. 74
Der Entstehungszeitpunkt lässt sich nicht immer eindeutig bestimmen. Zu dessen Festlegung auch im Rahmen der §§ 194 ff. BGB kann auf die Rechtsprechung zu § 51b Alt. 1 oder zu § 68 StBerG (entsprechend aufgehobene Verjährungsvorschrift für Steuerberater) zurückgegriffen werden.
Danach ist der Anspruch grundsätzlich mit Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale einschließlich des Schadens entstanden, also zu dem Zeitpunkt, zu dem der Geschädigte die Möglichkeit zur Klageerhebung hatte, wobei die Möglichkeit einer verjährungsunterbrechenden Feststellungsklage ausreicht. Mit der Risiko-Schaden-Formel stellt der BGH klar, dass eine bloße Vermögensgefährdung nicht ausreicht, sondern sich die Vermögenslage des Geschädigten gegenüber dem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert haben muss.
Rz. 75
Da die §§ 195, 199 BGB für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des Mandanten von Schaden und Schädiger abstellen, ist für die (durch die Rechtsprechung entwickelte, aber nie besonders überzeugend begründete) Sekundärhaftung bei unterlassener Aufklärung über den möglichen Haftungsanspruch kein Raum mehr. Dieses Rechtsinstitut könnte allenfalls im Rahmen der Übergangsregelung noch eine Rolle spielen. Gelegenheit, die Sekundärhaftung offiziell ad acta zu legen, hatte der BGH indes bis heute nicht.